Yori Schultka — Ausstellungsplanung am Museum für Naturkunde Berlin
Wie war Dein Werdegang bisher?
Nach dem Abitur habe ich direkt ein Praktikum im Goethe-Institut Berlin begonnen. Dort habe ich dann auch als studentische Hilfskraft neben meinem Magisterstudiengang Sinologie gearbeitet. 2008 habe ich für ein Jahr in der Buchhaltung des Studios Ólafur Elíasson gearbeitet. Nach einer kurzen Rückkehr ins Goethe Institut habe ich 2009 – 2011 im Architektur- und Ingenieurbüro Ziegert Roswag Seiler im Büromanagement gearbeitet. Im November 2011 bin ich in die Buchhaltung der Galerie Neugerriemschneider gewechselt, wo ich bis 2014 tätig war.
Wie lange bist du schon in deiner jetzigen Position? Wie bist du dorthin gekommen?
Seit dem 01.06.2014. Mein Vater (ebenfalls tätig im Museum für Naturkunde Berlin) hatte mir die Ausschreibung weitergeleitet. Das Ganze beruhte auf einem Missverständnis. Ich wollte mich gar nicht unbedingt bewerben, dachte aber, dass ich das meinem Vater zuliebe wenigstens versuchen sollte. Mein Vater allerdings wollte wohl gar nicht, dass ich mich bewerbe, und hatte mir die Ausschreibung lediglich für mein Netzwerk zur Weiterleitung geschickt. So kann’s gehen…
Was bedeutet “Karriere” für Dich? Was willst Du erreichen?
Das ist eine schwierige Frage. Für mich ganz persönlich würde es bedeuten (und das wäre auch meine Ideal-Vorstellung), eine mittlere Leitungsfunktion auszufüllen, in der ich ein kleines Team verantworte und gleichzeitig selbst Vorgesetzte habe. Ein dementsprechendes Gehalt gehört für mich zu Karriere ebenfalls dazu.
Was beinhaltet Dein aktueller Job?
Die Koordination und Organisation von Ausstellungen und dazugehöriger Events. Das heißt: ALLE Stricke und die daran gebundenen Menschen in den Händen halten, zu verweben, zu entknoten und möglichst nicht zu verlieren.
Was war Deine erste berufliche Tätigkeit? Inwiefern waren Deine früheren Jobs für Deine jetzige Position hilfreich?
Meine allererste bezahlte Tätigkeit war ein 6‑wöchiger Ferienputzjob im Krankenhaus Rüdersdorf. SEHR lehrreich…
Welches musikalische/künstlerische Ereignis hat Dich nachhaltig geprägt?
Mein Ballettunterricht (Beginn mit 4 Jahren glaub ich bis 11) und mein Geigenunterricht (4–23).
Welche war die größte (berufliche) Hürde für Dich bisher?
Da gibt es ehrlich gesagt viele. Aber um es allgemeiner zu halten: Sich selbst immer wieder zu hinterfragen, aber sich nicht verunsichern zu lassen, und das Timing zwischen Familiengründung und dem weiteren Arbeits-/Karriereweg zu beschreiten.
Was hättest Du gerne schon am Anfang Deiner Karriere gewusst? Was würdest Du rückblickend anders machen?
Dass ich ein so großes Interesse an Menschen und deren Beweggründen und Zufriedenheit habe, und dass daher ein Psychologiestudium meine Erfüllung gebracht hätte.
Wer waren Deine Mentoren oder Vorbilder?
Ist immer noch mein Vater. Als Mentoren in meinem Umfeld fungieren aber vor allem meine Freundin Anja und mein Freund Jens.
Welche Bücher sind Inspiration für Dich?
Jedes Einzelne, welches ich gelesen habe, und noch lese. Im Guten wie im Schlechten.
Wie bleibst Du in Deinem beruflichen Umfeld/Bereich informiert?
Vor allem passiv durch mein Netzwerk. Aber auch durch das Radio, das Internet und Die Zeit.
Welche Tools nutzt Du, um organisiert zu bleiben?
Handy, xls., Notizbuch und Karteikärtchen.
Wie und wo tankst Du Kraft und Energie?
Zu Hause auf dem Sofa mit einem Buch, bei meinen Eltern in derselben Situation, beim Kickboxen, beim Joggen, an der Bar (am besten mit Freunden), bei der Massage.
Wie triffst du Entscheidungen?
Nach Konsultation meines Inneren, hin und wieder auch durch Recherchen, aber vor allem nach dem Austausch mit anderen Menschen.
Zukunftsvision: Wie siehst Du die Entwicklung in Deiner Branche (Klassik, Museum, Ballett, Kulturförderung etc.)?
Ich sehe eine enorm zunehmende Interdisziplinarität. Neues zu erfinden wird immer schwieriger, weshalb die Kombination unterschiedlicher Bereiche immer mehr an Bedeutung gewinnt. Weiterhin wird durch das Näherrücken der Welt alles andere auch näher rücken. Das schürt natürlich Ängste, allerdings glaube ich, dass es eine natürliche Reaktion der Kunst ist, diesen Ängsten vehement entgegenzutreten. Dadurch werden die Ansprüche an Vermittlungs- und Bildungsarbeit steigen.
Welche Faktoren waren rückblickend entscheidend für deinen Erfolg?
In eine gebildete, interkulturelle, einigermaßen finanziell gut abgesicherte Familie hineingeboren worden zu sein, die mir ein tolles soziales und Bildungsumfeld ermöglicht hat. Weiterhin die Freiheit gehabt zu haben, einfach mal ausprobieren zu können.
Womit hast Du gute Erfahrungen in Konfliktsituationen gemacht? Welchen Rat möchtest Du zur Lösung von Konflikten weitergeben?
Ruhig zuhören, nicht mit dem Finger zu zeigen, und bei wirklich explosiven Situationen kurz rauszugehen, dieses aber auch zu kommunizieren. Ehrlichkeit, Offenheit (sich auch trauen, die eigenen Gefühle zu äußern) und Authentizität sind ebenfalls essentielle Elemente eines Konfliktgesprächs.
Worauf sollte Deiner Meinung nach in der Ausbildung mehr Gewicht gelegt werden?
Kommunikation, Abstraktionsfähigkeit.
Wie siehst Du die Position der Frauen in der Branche?
Nach wie vor besser als in manchen anderen Branchen, aber nach wie vor prekär. Frauen füllen nach wie vor prozentual mehr befristete und Teilzeitstellen aus, es gibt keine/wenige (?) Programme, um Frauen in der Familien- und Karriereplanung zu begleiten (damit meine ich im Sinne einer Vereinbarkeit dieser beiden Bereiche) und Frauen werden nach wie vor schlechter bezahlt bei gleicher Funktion und Eignung.
Machen Frauen anders Karriere als Männer?
JA!
Welche Klischees über Frauen (und Männer) stimmen, und welche stimmen nicht?
Wir tendieren alle dazu, Klischees zu formulieren und bei uns und anderen zu analysieren. Das widerspricht meinem Bild von Gleichstellung und der Arbeit dahin zu kommen, daher würde ich diese Frage für mich als irrelevant bezeichnen.
Brauchen wir eine Frauenquote in der Kultur bzw. in den “oberen Kulturetagen”?
Dazu habe ich zu wenig Überblick und Kenntnisse, dass ich mich qualifiziert äußern könnte. Aber grundsätzlich glaube ich daran, dass wir alle mit unseren Leistungen überzeugen sollten, nicht mit unserem Geschlecht. Daher tendiere ich zu einem vorsichtigen nein. Ich plädiere für einen stärkeren Fokus auf Maßnahmen, um eine Diversität in Führungsebenen zu implementieren.
Welche Fähigkeiten/Eigenschaften sind entscheidend, um im Kulturmanagement Erfolg zu haben?
Kreativität, Strukturiertheit, Empathie und Freude an dem, was wir tun!
Welche Tipps hast Du für Gehaltsverhandlungen?
Vorher informieren (Internet, Netzwerke) und immer höher ansetzen. Wenn der Arbeitgeber wirklich Interesse an Dir hat, wird eine zu hohe Gehaltsforderung ganz bestimmt nichts daran ändern!
Welchen Rat möchtest Du Berufseinsteigern geben?
Schaut Euch Euer neues Umfeld genau an, hört gut zu und traut Euch immer, Fragen zu stellen. Wenn Ihr nicht bereits einen Mentor zugeordnet bekommt, versucht Euch selbst einen einzufordern, mit dem Ihr Rücksprache halten könnt, was Eure Leistung, Eure Entwicklungsmöglichkeiten, aber vor allem auch Eure Bedenken und Bedürfnisse angeht.
Photo credit: Hwa Ja-Götz_MfN