Vor wel­chem Hin­ter­grund eigentlich?

Wer hat das nicht schon selbst erfah­ren. Ob in gemein­nüt­zi­gen Orga­ni­sa­tio­nen, der Indus­trie oder in der Kul­tur­bran­che – die gesam­te Arbeits­welt ist seit mehr als drei Deka­den von ver­än­der­ten Arbeits- und Orga­ni­sa­ti­ons­kon­zep­ten geprägt. In dem Zusam­men­hang wird oft vom soge­nann­ten Wan­del einer Indus­trie- zur Wis­sens­ge­sell­schaft gespro­chen. Eine der­ar­ti­ge Ent­wick­lung zeigt sich in Orga­ni­sa­tio­nen seit­her in ganz unter­schied­li­chen For­men vor­an­schrei­ten­der Modernisierungsprozesse.

Fast unbe­merkt sind neue Tech­no­lo­gien zum fes­ten Bestand­teil unse­res All­tags­le­bens und unse­rer Arbeits­welt gewor­den. In der Art und Wei­se wie wir mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren, wird das beson­ders deut­lich. Der Ein­satz digi­ta­ler (Kom­mu­ni­ka­ti­ons-) Medi­en ist zu gän­gi­ger Form nicht nur in der IT, son­dern in nahe­zu allen Bran­chen geworden.

Web­ba­sier­te Team­sit­zun­gen zu füh­ren, um bspw. mit den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen auf der ande­ren Sei­te des Atlan­tiks über die nächs­ten Mei­len­stei­ne im Pro­jekt zu kom­mu­ni­zie­ren, zählt zu einem der übli­chen Austauschformate.

Dazu gehört eine eben­so ver­än­der­te Per­so­nal­po­li­tik in Rich­tung fle­xi­blem Vor­ge­hen beim schnel­len Ein­stel­len oder Ent­las­sen von Mit­ar­bei­ten­den. Mitt­ler­wei­le ist die­se Hand­ha­bung in ganz ver­schie­de­nen Bran­chen ver­brei­tet. Je nach Bedarf kön­nen Unter­neh­men seit der Regie­rungs­zeit Schrö­ders ent­spre­chend auf die aktu­el­le Lage am Arbeits­markt reagie­ren. Für sie ist es z. B. ein­fa­cher, Mit­ar­bei­ten­de abhän­gig von der Lauf­zeit eines Pro­gramms befris­tet ein­zu­stel­len oder über ihre Ent­las­sung abhän­gig von der Kon­junk­tur­la­ge zu ent­schei­den. Inwie­weit die­se Ent­wick­lung zu einer Art „ers­ten“ und „zwei­ten“ Beschäf­ti­gungs­klas­se führt, möch­te ich an der Stel­le nicht wei­ter aus­füh­ren. Jedoch fin­det sich eine der­ar­ti­ge Hire and Fire-Atti­tü­de eben­so in der Kul­tur­bran­che. Ein bedach­ter und sen­si­bler Umgang mit Mit­ar­bei­ten­den, Trä­gern von Wis­sen, soll­te wei­ter­hin und nach­drück­li­cher Gegen­stand der Per­so­nal­po­li­tik sein.

 

Umgang mit Wis­sen in „Kom­men und Gehen“-Beschäftigungsverhältnissen

Arbeits­ver­hält­nis­se in Orga­ni­sa­tio­nen, die gemein­nüt­zig tätig sind, wie Stif­tun­gen oder im Bil­dungs- und Kul­tur­be­reich, sind oft­mals von kurz­fris­ti­gen Pro­jekt­struk­tu­ren geprägt. Hin­ter­grün­de hier­für sind kurz- und mit­tel­fris­ti­ge Finan­zie­rungs­struk­tu­ren die­ser. Im Hoch­schul- und For­schungs­be­reich liegt die För­der­pe­ri­ode von For­schungs­pro­jek­ten zumeist zwi­schen zwei bis drei, z. T. bei fünf Jah­ren. In der Kul­tur­bran­che kann der Zeit­raum bei noch kür­ze­ren Finan­zie­rungs­pha­sen lie­gen. Damit ein­her­ge­hen kur­zei­ti­ge, befris­te­te Arbeits­ver­trä­ge der Mit­ar­bei­ten­den, die nicht immer bis zum Ende dabei blei­ben; oder anders­her­um, im Lau­fe einer zeit­lich begrenz­ten Arbeit dazu stoßen.

Gera­de in unbe­stän­di­gen Arbeits­ver­hält­nis­sen von Mit­ar­bei­ten­den, die zu unter­schied­li­chen Zeit­punk­ten an einem Pro­jekt arbei­ten, unter­stützt eine beson­ders struk­tu­rier­te Doku­men­ta­ti­on der Tätig­kei­ten und Arbeits­ab­läu­fe sowie des Wis­sens aller Betei­lig­ten, den Erfolg eines Vorhabens.

 

Maß­nah­men, um Wis­sen zu managen

Wis­sens­ma­nage­ment, also das dahin­ter lie­gen­de Kon­zept, ist eine Mög­lich­keit, durch häu­fi­ge Per­so­nal­wech­sel „ver­lo­re­nes“ Wis­sen auf­zu­fan­gen. Es geht vor allem dar­um, dass Orga­ni­sa­tio­nen sich mit dem Erwerb, der Ent­wick­lung, der Über­tra­gung, der Spei­che­rung sowie der Nut­zung von Wis­sen aus­ein­an­der­set­zen. Unter­schie­den wird zwi­schen soge­nann­tem ex-und impli­zi­tem Wis­sen. Lässt sich die Doku­men­ta­ti­on von expli­zi­tem Wis­sen recht gut über z. B. Pro­to­kol­le von Team­sit­zun­gen, doku­men­tier­te Kon­zep­tio­nen von (Kul­tur-) Ver­an­stal­tun­gen oder Pro­gramm­pla­nun­gen einer Aus­stel­lung abbil­den – und über Pro­jekt­ma­nage­ment­tools nut­zen, um Abläu­fe, (Teil-) Auf­ga­ben und Zie­le sicht­bar zu machen (z. B. Bitrix24) – wird es für den Umgang mit impli­zi­tem Wis­sen schwieriger.

Das impli­zi­te Wis­sen resul­tiert näm­lich aus einem reflek­tier­ten Umgang mit Vor­er­fah­run­gen und der Fer­tig­keit, „altes Wis­sen“ mit neu­en Infor­ma­tio­nen zu Wis­sen zu ver­ar­bei­ten. Unter­stützt wer­den kann das z. B. durch kon­ti­nu­ier­lich statt­fin­den­de (in-) for­mel­le Aus­tausch­form­te mit „alten“ und „neu­en“ Mit­ar­bei­ten­den in einem soge­nann­ten wee­kly, in denen man sich über zurück­lie­gen­de, aktu­el­le und kom­men­de Auf­ga­ben infor­miert; oder durch den per­ma­nen­ten Aus­tausch zwi­schen expli­zi­tem, sicht­bar gewor­de­nem und impli­zi­tem, aus Erfah­run­gen gene­rier­tem Wissen.

Zusam­men­fas­send betrach­tet gelingt Orga­ni­sa­tio­nen ein erfolg­rei­ches Wis­sens­ma­nage­ment, wenn ex-und impli­zi­tes Wis­sen in der Orga­ni­sa­ti­on bleibt, auch wenn Mit­ar­bei­ten­de die­se ver­las­sen, da es über for­ma­le und infor­mel­le Maß­nah­men gespei­chert wird; und wenn Infor­ma­tio­nen und Abläu­fe trans­pa­rent gemacht wer­den und zugäng­lich abge­legt wer­den, z. B. über Projektmanagementtools.

 

Con­clu­si­on

Auf­grund oft­mals pre­kä­rer und kurz­fris­ti­ger Arbeits­ver­hält­nis­se, vor allem in der Kul­tur­bran­che, kann wert­vol­les Wis­sen ver­lo­ren gehen. So ist für Mit­ar­bei­ten­de, die im Lau­fe eines Pro­jekts dazu sto­ßen, der Zugriff auf vor­han­de­nes Wis­sen wert­voll, um sich schnell und ziel­füh­rend in die Arbeit ein­brin­gen zu kön­nen. Ein sowohl stan­dar­di­sier­tes Vor­ge­hen zum Erhalt und der Wei­ter­ga­be an Wis­sen als auch eine umfang­rei­che Doku­men­ta­ti­on über Abläu­fe und Ergeb­nis­se, unter­stützt einen erfolg­rei­chen Pro­jekt­ab­schluss maß­geb­lich. Ziel eines gelin­gen­den Pro­jekts soll­te daher eine struk­tu­rier­te Über­ga­be beim Per­so­nal­wech­sel sein, um einen erfolg­rei­chen Abschluss nicht zu gefährden.

 

Refe­ren­zen

Dehn­bos­tel, Peter (2019): Betrieb­li­che Lern­or­te, Lern­räu­me und Selbst­lern­ar­chi­tek­tu­ren in der digi­ta­li­sier­ten Arbeits­welt. In: Maga­zin erwachsenenbildung.at. Das Fach­me­di­um für For­schung, Pra­xis und Dis­kurs. Aus­ga­be 35/36, 2019. Wien. Online im Inter­net: http://www.erwachsenenbildung.at/magazin/19–35u36/meb19-35u36.pdf. (letz­ter Zugriff: 2019-07-25)

Frost, Jet­ta (2018): Wis­sens­ma­nage­ment. Online im Internet:
https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/wissensmanagement-47468/version-270732 (letz­ter Zugriff: 2019-07-25)

Kon­takt

Anni­ka Clorius-Lehmann
Wis­sen­schaft­li­che Mitarbeiterin
Deut­sches Insti­tut für Erwach­se­nen­bil­dung (DIE) — Leib­niz Zen­trum für Lebens­lan­ges Ler­nen e. V.

E‑Mail: clorius-lehmann@die-bonn.de
Web­sei­te: www.die-bonn.de