herARTS https://her-arts.de Das Netzwerk für Frauen in der Kulturbranche Thu, 06 May 2021 08:14:49 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.11 “Ich empfinde es als nicht so wichtig bzw. eigentlich eher als unmöglich, mit 20 oder 30 zu wissen, was kommt. Es ist viel spannender, nicht alles planen zu können, und auch mal etwas auszuprobieren.” https://her-arts.de/2021/03/23/sophia-athie-director-of-development-and-external-relations-at-house-of-one/ https://her-arts.de/2021/03/23/sophia-athie-director-of-development-and-external-relations-at-house-of-one/#respond Tue, 23 Mar 2021 13:17:42 +0000 https://her-arts.de/?p=680 "In Berlin wächst seit 2011 etwas weltweit Einmaliges: Juden, Christen und Muslime bauen gemeinsam ein Haus, unter dessen Dach sich eine Synagoge, eine Kirche und eine Moschee befinden. Ein Haus des Gebets und der interdisziplinären Lehre. Ein Haus der Begegnung, für ein Kennenlernen und den Austausch von Menschen unterschiedlicher Religionen. Ein Haus auch für die, die den Religionen fernstehen." 
Wir freuen uns, dass Sophia Athié, Director of Development & External Relations dieses spannenden Projektes für uns Rede und Antwort gestanden hat! Sophia war vorher beim Berliner Ensemble sowie am Städel-Museum Frankfurt in der gleichen Position tätig und ist auch seit mehr als 15 Jahren im Kulturmanagement verankert.

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Sophia Athié — Director of Development and External Relations @ House of One

“Eine Synagoge, eine Kirche und eine Moschee.. Ein Haus des Gebets und der interdisziplinären Lehre. Ein Haus der Begegnung, für ein Kennenlernen und den Austausch von Menschen unterschiedlicher Religionen. Ein Haus auch für die, die den Religionen fernstehen.”

Wir freuen uns, dass Sophia Athié für uns Rede und Antwort gestanden hat! Sophia war vorher beim Berliner Ensemble sowie am Städel-Museum Frankfurt in der gleichen Position tätig und ist auch seit mehr als 15 Jahren im Kulturmanagement verankert.

Sophia, wie geht es Dir in der ungewöhnlichen Situation, in der wir uns aktuell befinden? Wie gestaltet sich die Arbeit im House of One und wie fühlst Du Dich persönlich?

Mir geht es die meiste Zeit prima. Beruflich habe ich sehr viel zu tun aktuell; auch wenn es eher ruhig wirken mag rund um das House of One, da keine Veranstaltungen stattfinden können. Hinter den Kulissen passiert richtig viel: Für Mai ist die Grundsteinlegung des House of One geplant und es gilt, in den nächsten Jahren die restliche Finanzierungslücke von immerhin noch ca. 7 Millionen über Spendengelder zu finanzieren. Wir arbeiten daran, die Fundraisingkampagne weiterzuentwickeln.

Und zur momentanen Arbeitssituation: Ich persönlich habe gute Erfahrungen mit dem Home Office gemacht. Anfangs war es etwas gewöhnungsbedürftig, die Tür auch mal zu schließen, und sich nicht in alles einzumischen. Das war nicht so einfach für mich als berufstätige Mutter. Von zu Hause arbeiten bringt viele Vorteile mit sich. Die Flexibilität der Zeit finde ich sehr hilfreich, und ich genieße es, mehr zu Hause zu sein und die Kinder mehr zu sehen. Und obwohl mein Mann sich weitestgehend um unsere drei Kinder kümmern kann und mir den Rücken freihält, ist natürlich trotzdem oft genug totales Chaos bei uns.

Was gibt Dir Kraft und Energie zurück, wenn Du erschöpft bist als berufstätige Mutter?

Ich meditiere regelmäßig, das ist eine wichtige Energiequelle für mich. Und ich vergegenwärtige mir, wie dankbar und froh ich darüber bin, was man am eigenen Job hat; und dass es überhaupt gelungen ist, im Kulturbereich Fuß zu fassen. Ich habe immer mal wieder Momente, in denen ich denke: Sollte man nicht irgendeinen Job machen, der einen nach Verlassen des Büros auch gedanklich verlässt, denn nach dem Büro abends oder am Wochenende abzuschalten ist nicht meine Stärke. Bei einer anderen Tätigkeit würde mir aber vermutlich der Antrieb fehlen, diese intrinsische Motivation. Also im Grunde ist es der Fokus auf das Positive, woraus ich Energie ziehe. Und die Team-Kolleginnen und Kollegen, die sind einfach ein Geschenk.

 

Gibt es für Dich die perfekte Ausbildung, um im Kulturmanagement Fuß zu fassen? Gibt es bestimmte Skills, die jemand mitbringen sollte?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für alle die gleiche perfekte Ausbildung gibt, um ins Kulturmanagement einzusteigen. Ich selbst habe internationales Kulturmanagement studiert, und ich muss sagen, für mich war das genau das Richtige. Ich wusste relativ früh, dass ich sehr gerne im Kulturbereich arbeiten wollte, aber ich wusste nicht, ob es in Richtung Theater, Musik oder Museum gehen sollte. Mein generalistisches Studium hat für mich perfekt gepasst. Ich habe später im Theater gearbeitet, bei einem Radiosender, einem Musikfestival, im Museum …und jetzt arbeite ich für ein interreligiöses Projekt. Natürlich wünschte ich mir bei jeder dieser Stationen profundere Kenntnisse von der Materie, um inhaltlich tiefer mitreden zu können. Ich habe meinen Auftrag immer als eine Art Vermittlung verstanden, also zwischen den Inhalten und den Menschen, die sich dafür engagieren, und dafür braucht man eine inhaltliche Grundlage. Mit einer gewissen Neugier und der Bereitschaft sich einzuarbeiten, kommt man aber gut zurecht.

 

Du hast lange Zeit im Ausland gelebt, darunter sieben Jahre in New York. Was hast Du dort gelernt in Bezug auf die Arbeitswelt in der Kulturbranche und zum Thema Work Life Balance?

Ich bin froh, zu der bestimmten Zeit, und in der besonderen Lebensphase in New York gewesen zu sein, in der ich dort war. Ich war 24, als ich zunächst für ein 6‑monatiges Praktikum hingegangen bin. Ich habe New York in einer großen Freiheit erleben dürfen und dort lernen können. Sehr geliebt habe ich die Energie, die man auf den Straßen der Stadt spürt. Genauso im Job: Die Menschen gehen einfach mit einem besonderen Drive an die Sache. Man will etwas erreichen. Dieses Umfeld habe ich dort extrem genossen. Die Leute wissen zu schätzen, was sie haben. Es wird weniger gejammert und es wird nicht behäbig geplant. Man kommt viel schneller in die Umsetzung, ist risikofreudiger und probiert auch mal etwas aus. Andererseits habe ich dort auch das deutsche Sozialsystem sehr zu schätzen gelernt. Dass hier keiner mit der Wimper zuckt, wenn Dein Kind krank ist, zum Beispiel. In den USA ist man viel schneller in einer sehr prekären Lage.

Es hat eben alles zwei Seiten: In den USA wirst Du schneller entlassen, kriegst aber auch eher eine Chance. Als junge Frau erhältst Du einen Job, weil eben keiner davon ausgeht, dass Du demnächst zwei oder drei Jahre in Elternzeit gehst.

 

Machen aus Deiner Sicht Frauen und Männer anders Karriere?

Ja, wir Frauen reden weniger über unsere Erfolge. Es ist noch immer ungewohnter, unser (weibliches) Netzwerk zu unterstützen – etwa bei Anstellungen, weil wir uns fragen, ob es fair ist. Ich glaube, es sind andere Denkweisen, die sich durchaus in beruflichen Situationen bemerkbar machen. Da können wir Frauen ganz viel dazu lernen. Neulich habe ich einen Artikel darüber gelesen, dass bei Männern mehr Resilienz da sei, um mit Ablehnung zurechtzukommen. Das kann ich für den Fundraisingbereich nicht unterschreiben: Da ist es ja gerade unser tägliches Brot, mit Ablehnung zu leben, und trotzdem immer wieder aufzustehen und weiter zu machen. Sensibler an Dinge Herangehen, was viele Frauen auszeichnet, empfinde ich persönlich als besondere Stärke.

Ich denke aber, wir haben noch einen sehr weiten Weg vor uns bis zu einer wirklichen Gleichberechtigung. Man sieht es ja gerade an der Situation jetzt in der Pandemie, dass doch die meiste Arbeit an den Müttern „hängen“ bleibt, wie verschiedene Studien belegen. Wobei ich gerade gestern erfreulich viele Männer mitten am Tag mit Kinderwagen im Prenzlauer Berg hier in Berlin gesehen habe. Da hat sich auf jeden Fall schon etwas getan.

 

Gibt es etwas, was Du jungen Frauen auf den Weg geben möchtest, die eine Karriere im Kulturmanagement anstreben?

Was ich nach fast 20 Jahren Berufserfahrung sagen kann: Netzwerken ist sehr wichtig! Ich will das aber nicht zu strategisch sehen. Man hat ja Kontakt mit den Leuten, weil man sie schätzt und es interessant ist, ihren Werdegang mit zu verfolgen. Ich empfinde es jetzt als riesigen Vorteil, dass ich mittlerweile ein recht großes Netzwerk habe und nun bei bestimmten Problemen kurz überlege, wer mir dabei weiterhelfen könnte. Und dann greife ich einfach zum Hörer.

Außerdem sollte man flexibel bleiben, denn Dinge entwickeln sich oft anders als erwartet. Und man sollte die Chancen sehen, die sich ergeben, wenn eine Tür vielleicht zugeht, eine andere sich aber dafür öffnet. Eine andere Einstellung zum Scheitern zu entwickeln, ist auch sehr hilfreich: Vieles kann man als Lernprozess und Erfahrungsschatz bewerten. Resilienz ist ein wichtiges Stichwort.

 

Wie gehst Du im Job mit Konflikten um? Was ist Dein Ansatz?

Die Perspektive des Anderen einzunehmen: Das versuche ich gerade, mir noch mehr anzueignen. Ich dachte, ich könne das ziemlich gut, habe aber dann gemerkt, dass ich das doch nur bis zu einem gewissen Punkt beherrsche. Auch zu wissen, dass ein Konflikt nicht das Ende einer guten Beziehung bedeuten muss: Ich hatte vor nicht allzu langer Zeit eine schwierige berufliche Situation, in der ich mir nicht vorstellen konnte, dass mein Gegenüber und ich da gut rauskommen. Ich war völlig überrascht, wie wir das nicht nur geschafft haben, sondern es unsere kollegiale Beziehung noch verbesserte. Wir waren danach offener und ehrlicher miteinander, irgendwie reifer.

Auch Lesen, Podcasts, Seminare eignen sich hervorragend, um sich wichtige Skills anzueignen zu Themen wie wertschätzender Kommunikation, Verhandeln oder dazu, wie man konstruktiv Kritik übt. Damit tue ich mich immer schwer; ich möchte eigentlich immer alles gut finden. In Konfliktsituationen hilft durchaus das zunehmende Alter und schlichtweg mehr Lebenserfahrung.

 

Welche Fähigkeiten benötigt man für das Fundraising?

Am Wichtigsten ist das Zuhören und unbedingt auch das zwischen den Zeilen Lesen. Eine gewisse Kreativität halte ich ebenfalls für sehr wichtig in unserem Job, genau wie Fleiß. Spannend finde ich das Spannungsfeld zwischen Detail UND big picture; man muss beides gleichermaßen im Blick haben. Ebenso sind oftmals gegensätzliche Skills gefragt: In der einen Rolle vertrete ich vielleicht die Organisation und fühle mich für die Gäste verantwortlich, trete also extrovertierter, souveräner auf, während ich in anderen Situationen mehr aus dem Hintergrund agiere. Die größeren Zusammenhänge zu kennen und die Fäden zusammenzuhalten, finde ich einen der spannendsten Aufgaben in meinem Beruf. Ich glaube, gute Fundraiser*innen sind oft sehr sensible Menschen, eben weil es so wichtig ist, ein gutes Gespür für Menschen und Situationen zu haben. Das passt wiederum nicht so gut zu der „dicken Haut“, die man sich unbedingt auch zulegen muss. Man denke alleine an die vielen Absagen, die man im Laufe eines solchen Berufslebens so wegsteckt …

 

Wusstest Du mit 20 Jahren, wo Du mit 30 oder 40 Jahren sein wolltest?

Mir war es nicht klar, aber es gab für mich ein Schlüsselmoment. Das war damals direkt nach dem Abi in London. Ich habe quasi den ganzen Tag im British Museum verbracht und eine Führung für junge Leute beobachtet. Da dachte ich mir: „Wow, das ist es. Junge Menschen für kulturelle Themen begeistern. So anschaulich und spannend, wie diese Kunstvermittlerin“. Ich hatte aber damals keine Idee, wie man „dahin“ kommt in diesen Kulturbereich; vermutlich gerade weil ich mich nicht auf die eine Disziplin festlegen wollte. Ich kannte auch diese Studiengänge wie zum Bespiel Kulturmanagement noch nicht. Ich hätte zu Beginn meines Berufseinstiegs jedenfalls nie gedacht, dass ich irgendwann in einem der schönsten Museen in Deutschland arbeiten würde und eine tolle Kampagne mitgestalten darf, um einen neuen Museumsflügel zu finanzieren. Ich sah mich auch nie – typisch weiblich – in einer Führungsposition. Da hat mein Mann viel früher mein Potential für mich gesehen als ich selbst.

Ich empfinde es als nicht so wichtig bzw. eigentlich eher als unmöglich, mit 20 oder 30 zu wissen, was kommt. Es ist viel spannender, nicht alles planen zu können, und auch mal etwas auszuprobieren. Wichtig ist, das Ziel zu kennen: Wenn mein Traumjob im Kulturbereich ist, dann arbeite ich darauf hin, bleibe aber flexibel auf dem Weg. Woher soll ich denn heute wissen, welche Türen für mich in der Zukunft aufgehen werden? Die grobe Richtung zu kennen, und auch nach links und rechts zu schauen, ist meines Erachtens viel wichtiger.

Danke Dir, liebe Sophia!

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Ninja Anderlohr-Hepp https://her-arts.de/2021/02/23/ninja-anderlohr-hepp/ https://her-arts.de/2021/02/23/ninja-anderlohr-hepp/#respond Tue, 23 Feb 2021 13:21:57 +0000 https://her-arts.de/?p=685 Video-Interview mit Ninja Anderlohr-Hepp, Redaktionsleiterin von concerti, dem auflagenstärkste Klassik-Magazin Deutschlands — Ninja sprach mit uns über ihren Berufsweg der Klassikbranche.    

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Video-Interview mit Ninja Anderlohr-Hepp, Redaktionsleiterin von concerti, dem auflagenstärkste Klassik-Magazin Deutschlands — Ninja sprach mit uns über ihren Berufsweg der Klassikbranche.

 

 

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Personalentwicklung für die Kultur- und Kreativwirtschaft – Teil III https://her-arts.de/2020/06/24/personalentwicklung-fuer-die-kultur-und-kreativwirtschaft-teil-iii/ https://her-arts.de/2020/06/24/personalentwicklung-fuer-die-kultur-und-kreativwirtschaft-teil-iii/#respond Wed, 24 Jun 2020 12:34:15 +0000 https://her-arts.de/?p=570 Mythos 2:  „Personalentwicklung kann man sich nicht leisten, das ist zu teuer.“ Folgt man diesem Argument, werden Maßnahmen der PE als „Extraleistungen“ abgetan, für die kein Budget vorhanden ist. Es sollen hier keine Ressorts gegeneinander ausgespielt werden, aber natürlich darf bei einer Neuaufstellung der Personalabteilung eine Umverteilung von Budgetgeldern nicht gescheut werden. Ein Blick auf […]

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Mythos 2: 

„Personalentwicklung kann man sich nicht leisten, das ist zu teuer.“

Folgt man diesem Argument, werden Maßnahmen der PE als „Extraleistungen“ abgetan, für die kein Budget vorhanden ist. Es sollen hier keine Ressorts gegeneinander ausgespielt werden, aber natürlich darf bei einer Neuaufstellung der Personalabteilung eine Umverteilung von Budgetgeldern nicht gescheut werden. Ein Blick auf die zum Teil enormen Summen, die für Marketingkampagnen ausgegeben werden, lässt zumindest erkennen, welcher finanzielle Spielraum vorhanden sein kann, wenn die Bereitschaft da ist, etwas zu investieren. Und diese sollte vorhanden sein, wenn man versteht, dass die Investition in Maßnahmen der PE durchaus Anteil an einem steigenden Umsatz haben kann. Erst die Befähigung zum Einsatz neuer technischer Möglichkeiten, kann auch dazu führen, dass Mitarbeiter*innen diese in die Organisation implementieren und dadurch für z.B. innovative Produkte, für günstigere Produktionswege oder neue Prozessabläufe sorgen.

Der RoIle von Personalentwicklungsmaßnahmen ist nur schwer messbar, aber nicht von der Hand zu weisen. So bieten z.B. die Möglichkeiten des Online-Marketings und die Nutzung der sozialen Medien Kulturinstitutionen wirksame Wege, auch neues Publikum zu erreichen. Zugleich können diese Kanäle nur erfolgreich genutzt werden, wenn zum einen das Personal die technischen Neuerungen auch kompetent einsetzen kann, und wenn zum anderen das Potential der eigenen Mitarbeiter*innen als motivierte Botschafter*innen der Institution genutzt wird. Das Netzwerk, das hinter den eigenen Mitarbeiter*innen steht, ist nur zu erreichen, wenn Stolz und Identifikation dazu führen, Empfehlungsmarketing bewusst oder unbewusst auszuüben. Die Arbeitgeberattraktivität strahlt letztlich auch auf die Marke ab. Und auch die Ausstrahlung von zufriedenen, wertgeschätzten Mitarbeiter*innen (von Orchestermusiker*innen bis zum Kassenpersonal) wirkt sich letztlich positiv auf die Resonanz des Publikums aus.

PE kann also den Umsatz erhöhen, sie kann aber auch Kosten reduzieren; nämlich all jene Kosten, die mit dem Verlust von Mitarbeiter*innen und deren Wissen einhergehen. Ebenso die Kosten, die durch Ausschreibungen, Bewerbungsverfahren und Einarbeitung neuer Mitarbeiter*innen entstehen, wenn man intern stärker die langfristige Bindung und Weiterentwicklung der bereits vorhandenen Mitarbeiter*innen vor Augen hat. Dazu gehört natürlich auch, dass man Perspektiven bietet (z.B. durch die Übertragung neuer Themenbereiche oder die Ausarbeitung von Stellvertreterrollen) oder neue Beförderungsmöglichkeiten ausarbeitet, die jenseits der gängigen Hierarchien stehen  (z.B. durch Fachkarrieren oder die Leitung von einzelnen Projekten). Eine vorausschauende PE und ihr Teilbereich des Talentmanagements können zu Synergien mit der Personalbedarfsplanung führen und auch so Kosten und Reibungsverluste einsparen. Kennt man anstehende Bedarfe oder Veränderungen frühzeitig, kann man sich intern um eine Lösung bemühen, z.B. Modelle des ‚job-sharings‘ nutzen oder eine Stellvertreterrolle einführen, um eine Person aufzubauen und dazu zu befähigen, den bevorstehenden Ausfall einer anderen Person zu kompensieren.

 

Und versteht man die Investition in Instrumente der PE als Investition in den Erhalt und Ausbau der Leistungsfähigkeit, geht es letztlich auch um betriebliches Gesundheitsmanagement. Mitarbeiter*innen, die sich durch Weiterbildungen besser in der Lage sehen, ihre Aufgaben zu bewältigen oder auch neue Aufgaben anzunehmen, sind leistungsfähiger und fehlen seltener.

 

Fazit: Personalentwicklungsmaßnahmen können also Geld sparen und Umsätze erhöhen, und zugleich müssen sie noch nicht einmal teuer sein. Selten ist direkt eine komplette Personalentwicklungsabteilung aufzubauen. Meist können auch kleinere, günstige Maßnahmen schon viel bewirken. Vor allem ist nicht zu unterschätzen, dass selbst aus der Organisation heraus Personalentwicklungsmaßnahmen durchführbar sind, also nur wenige externe Leistungen monetär ins Gewicht fallen müssen. An erster Stelle stehen hier regelmäßige Mitarbeitergespräche, deren Führung auch erlernt sein muss. Betriebseigene Mentoring-Programme oder auch „Buddy-Programme“ (hier wird einem/r neuen Mitarbeiter*in für die ersten Monate ein Erfahrener an die Seite gestellt, um so das Einarbeiten und Ankommen zu erleichtern) können ebenfalls ein Weg sein. Qualitätszirkel oder Projektteams, die zu abgesteckten Themenbereichen über die gängigen hierarchischen- und Abteilungsebenen hinweg zusammen arbeiten und sich austauschen, könnten ein anderer sein. Job-Rotation-Programme können zu Perspektivwechseln animieren und neue Anregungen schaffen, aber auch neu für die eigentliche Tätigkeit motivieren. Die Ausweitung des Gestaltungsspielraums kann ebenfalls eine individuelle Maßnahme sein, um für eine Weiterentwicklung von Mitarbeiter*innen zu sorgen, für die zunächst keine zusätzlichen Kosten entstehen müssen.

 

Nutzt man dann für die Weiterbildung vorhandene Gelder möglichst nachhaltig, so könnte dies beispielsweise durch die Ausbildung von eigenen, betriebsinternen Coaches erfolgen. Zur Etablierung einer „Coaching-Kultur“ durch ein Multiplikatoren-Modell, werden z.B. zwei bis drei Mitarbeiter*innen ausgewählt, denen eine Coaching- oder auch eine Mediationsausbildung gezahlt wird. Der Auswahlprozess dieser Mitarbeiter*innen wäre dann bereits eine spezielle Form des Talentmanagements. Zudem würden diese Mitarbeiter*innen künftig für eine Implementierung bestimmter Kommunikationstechniken sorgen und insbesondere bei Bedarf an individuellem Coaching oder bei Konfliktfällen als interne Expert*innen genutzt.

 

Die Möglichkeiten und Chancen von strategischer PE sind vielfältig. Doch helfen allein der gute Wille oder die guten Ideen nicht. Es muss zugleich auch einen Wandel in der Unternehmenskultur geben. Eine Kultur des Lernens verwirklicht sich nur durch gegenseitige Wertschätzung, durch Interesse an den individuellen Ressourcen und Bedürfnissen der Mitarbeiter*innen, durch eine neu zu etablierende Fehlerkultur sowie durch die Bereitschaft, den Mitarbeiter*innen mehr Selbstverantwortung, aber auch Verantwortung für die Institution zuzutrauen. Etabliert man eine solche Kultur des Lernens, die an einer langfristigen Bindung der einzelnen Mitarbeiter*innen interessiert ist, dann kann man sich auch darauf verlassen, dass diese als Netzwerk funktionieren, das über die Tätigkeit für diese Institution hinaus Bestand hat.

 

Ein solcher Kulturwandel sollte allen Mitarbeiter*innen dienen, würde letztlich aber auch speziell auf die Stärkung von Frauen in Kulturinstitutionen einzahlen. Nachhaltig entwickelte Personalentwicklungsmaßnahmen sind letztlich auch in Genderfragen wirksam, da sie stets sowohl objektive Unternehmensziele als auch individuelle Bedürfnisse und Ressourcen im Blick haben. Gäbe es beispielsweise in einer Institution Probleme mit der so genannten „gläsernen Decke“ oder mit individuellen Fähigkeiten einer Mitarbeiterin, die ihrer Beförderung im Weg stehen, dann könnte die systematisch eingesetzte Personalentwicklung auf diese Themen eingehen.

 

Entweder durch z.B. Coachings der Führungsebene, durch Etablierung von klaren Beförderungsprozessen und objektiven Kriterien für ein Talentmanagementprogramm oder z.B. durch individuelle Trainingsangebote für die Mitarbeiterin. Letztlich geht es bei der PE darum, den oder eben auch die am besten geeignete Mitarbeiterin in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben in der bestmöglichen Weise zu erfüllen und ihr bei ihrer beruflichen Weiterentwicklung zur Seite zu stehen. Eine Investition in die Mitarbeiterin von heute ist letztlich eine Investition in eine Fürsprecherin von morgen.

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Personalentwicklung für die Kultur- und Kreativwirtschaft — Teil II https://her-arts.de/2020/05/19/personalentwicklung-fuer-die-kultur-und-kreativwirtschaft-es-geht-nicht-ohne-einen-kulturwandel-teil-ii/ https://her-arts.de/2020/05/19/personalentwicklung-fuer-die-kultur-und-kreativwirtschaft-es-geht-nicht-ohne-einen-kulturwandel-teil-ii/#respond Tue, 19 May 2020 15:55:39 +0000 https://her-arts.de/?p=557 Weiter geht’s mit unserer Serie über Personalentwicklung in der Kultur: Mythos 1   Personalentwicklung haben wir nicht nötig. Kulturinstitutionen müssen sich dem “war for talents” doch sowieso nicht stellen, da höchstens ein Mangel an Stellen, nicht aber ein Mangel an Bewerber*innen existiert. Mit einer solchen Haltung geht man davon aus, dass man Maßnahmen der Personalentwicklung entweder […]

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Weiter geht’s mit unserer Serie über Personalentwicklung in der Kultur:

Mythos 1

 

Personalentwicklung haben wir nicht nötig. Kulturinstitutionen müssen sich dem “war for talents” doch sowieso nicht stellen, da höchstens ein Mangel an Stellen, nicht aber ein Mangel an Bewerber*innen existiert.

Mit einer solchen Haltung geht man davon aus, dass man Maßnahmen der Personalentwicklung entweder nur benötigt, um als Arbeitgeber attraktiv zu wirken, oder um vorhandenes Personal weiterzubilden, damit es handlungsfähig bleibt, falls der Arbeitsmarkt keine geeigneten Nachwuchskräfte mehr bereithält.

Sicherlich, aktiv angebotene Personalentwicklungsmaßnahmen können eine Institution für Bewerber*innen attraktiv erscheinen lassen. Sie können dabei helfen, sich von anderen Institutionen zu differenzieren und dadurch mehr, bessere oder geeignetere Kandidat*innen anziehen, als ohne ein solches Engagement für die Mitarbeiter. Welch verpasste Chance!

Es trifft ebenfalls zu, dass sich die meisten Mitarbeiter von Kulturinstitutionen stark über die jeweiligen Inhalte mit ihrer Institution identifizieren. Viele Kulturschaffende ziehen gerade aus diesen Inhalten ihre Motivation und Leistungsbereitschaft.
Daraus aber abzuleiten, dass sich die Angestellten in Kulturinstitutionen per se glücklich schätzen müssten, da sie sich mit ihrem liebsten Hobby beruflich beschäftigen dürften, zeugt letztlich nur von Ignoranz.

 

Dankbarkeit und Motivation für die eigene Tätigkeit sind nicht unerschöpflich. Im Gegenteil: Risikofaktoren für ausgebrannte Mitarbeiter*innen wie Frustration, Perspektivlosigkeit, Demotivation, schwelende Konfliktherde finden sich in allen Kulturinstitutionen. Und zwar in allen Abteilungen: unter Verwaltungsmitarbeitern, Technikern, künstlerisch Tätigen etc.

So lange man den/die einzelne/n Mitarbeiter*in als einfach austauschbar ansieht, und so lange noch Formulierungen genutzt werden, wie „die können dankbar sein, einen der wenigen Jobs im kulturellen Sektor bekommen zu haben“, so lange fehlt in Kulturinstitutionen ein grundlegender Baustein, dessen es bedarf, um langfristigen Erfolg mit Maßnahmen des Personalmanagements zu haben. Gemeint ist damit die Wertschätzung der einzelnen Mitarbeiter*innen.

Damit gerade auch die besten Mitarbeiter*innen, die sich eventuell noch immer in Scharen bewerben (das mag für die großen „Kulturinstitutions-Leuchttürme“ gelten, kleinere Stadttheater oder kleinstädtische Museen können das auch nur noch eingeschränkt bestätigen), motiviert bleiben, und sich mit der eigenen Institution identifizieren, braucht es ein systematisches Personalentwicklungskonzept.

Insbesondere wertvolle Mitarbeiter*innen möchten ihre eigene berufliche Weiterentwicklung ernst nehmen und suchen nach Perspektiven für den weiteren Werdegang. Die jüngeren Hochschulabsolvent*innen aus den Kulturmanagementstudiengängen, aber auch z.B. Orchestermusiker*innen haben bereits von der Existenz von Mitarbeitergesprächen, von agilen Arbeitsweisen oder von Organisationsmodellen zur stärkeren Mitarbeitereinbindung gehört. Es wäre geradezu fahrlässig, würde man als Institution bei diesen Themen nicht ‚up to date‘ sein, um eben auch für die guten und engagierten Mitarbeiter*innen langfristig attraktiv zu bleiben.

Es erscheint daher ratsam, die Perspektive zu ändern:
Personalentwicklung  nicht als unnötiges Geschenk zu sehen, sondern als Investition in das eigene Unternehmen.

 

Man hat schließlich sehr gute Mitarbeiter*innen angezogen, aber diese müssen auch neue Inspirationen finden, müssen Fertigkeiten erweitern und neu erlernen, neue Wege des Arbeitens kennenlernen, mit neuen technischen Möglichkeiten umgehen und Probleme konstruktiv besprechen können. Für all dies braucht es Maßnahmen der Personalentwicklung.

Über den Erhalt der individuellen Motivation und der individuellen Leistungsfähigkeit auf fachlicher Ebene hinaus, bringen Personalentwicklungsmaßnahmen auch noch einen weiteren Mehrwert. Durch vorausschauend eingeführte Elemente der Personalentwicklung kann die für die Institution formulierte Positionierung in die eigene Unternehmenskultur eingebunden werden.

Das bedeutet, dass die nach außen inzwischen so oft vertretenen Werte wie beispielsweise Offenheit und Nahbarkeit erst glaubwürdig und damit nach außen besonders wirksam werden, wenn sie auch für die Mitarbeiter*innen in der eigenen Institution selbst spürbar werden.

Ein damit verbundener Wandel der Unternehmenskultur kann nur durch begleitende Maßnahmen der Personalentwicklung, durch Teamcoachings, neue Teamzusammenstellungen, Trainings, Einführung neuer Meetingstrukturen etc. nachhaltig umgesetzt werden. Teil 3 zu diesem Thema soon to come!

 

 

 

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Personalentwicklung für die Kultur- und Kreativwirtschaft – es geht nicht ohne einen Kulturwandel https://her-arts.de/2020/04/16/personalentwicklung-fuer-die-kultur-und-kreativwirtschaft-es-geht-nicht-ohne-einen-kulturwandel/ https://her-arts.de/2020/04/16/personalentwicklung-fuer-die-kultur-und-kreativwirtschaft-es-geht-nicht-ohne-einen-kulturwandel/#respond Thu, 16 Apr 2020 21:51:25 +0000 https://her-arts.de/?p=246 Ein Mini-Serie von Dr. Agnes Model, Strategische Unternehmensberaterin (BCG), Musikwissenschaftlerin, Coach und Mediatorin Teil 1 Wie führe ich richtige Mitarbeiter*innen- oder Feedbackgespräche? Wie könnte man die engagierte Nachwuchskraft im Veranstaltungsmanagement weiter motivieren und ans Haus binden? Wie reduzieren wir die Konflikte zwischen der Technik und der Dramaturgie? Dies alles könnten aktuell relevante Fragen aus dem Arbeitsalltag […]

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Ein Mini-Serie von Dr. Agnes Model, Strategische Unternehmensberaterin (BCG), Musikwissenschaftlerin, Coach und Mediatorin

Teil 1

Wie führe ich richtige Mitarbeiter*innen- oder Feedbackgespräche?
Wie könnte man die engagierte Nachwuchskraft im Veranstaltungsmanagement weiter motivieren und ans Haus binden?
Wie reduzieren wir die Konflikte zwischen der Technik und der Dramaturgie?

Dies alles könnten aktuell relevante Fragen aus dem Arbeitsalltag einer Kulturinstitution sein. Doch wer greift sie auf und versucht sie zu beantworten? Bislang findet man meist nur einzelne Führungspersönlichkeiten, die sich solchen Fragen der Personalentwicklung (PE) widmen. Systematisch findet dies im kulturellen Sektor leider noch nicht statt. Dies müsste aber die Aufgabe strategischer PE sein. Denn sie kümmert sich nicht nur um das Angebot fachlicher Weiterbildungen für die Mitarbeiter*innen oder darum, Besuche auf Kongressen zu ermöglichen. Strategische PE umfasst weit mehr und ist ein unheimlich wertvolles Element professioneller Unternehmensführung. Kurz zusammengefasst, kümmert sich strategische PE um Maßnahmen entlang der folgenden drei Ebenen – stets ausgerichtet an den strategischen Unternehmenszielen.

 

  • Erhalt und Ausbau der Leistungsfähigkeit:

Hier geht es nicht nur um betriebliches Gesundheitsmanagement und die Reduktion von Fehltagen, sondern auch um die regelmäßige Auffrischung und Weiterentwicklung von sowohl Fachwissen als auch von Verhaltens-/Kommunikations-/und Führungstechniken.

 

  • Individueller Aufstieg einzelner Mitarbeiter*innen:

Es wird vorausschauend der eigene Talentpool identifiziert und es wird definiert, welche Mitarbeiter*innen sich in welcher Weise weiterentwickeln möchten und können. Dies fängt mit regelmäßigen Mitarbeitergesprächen an und kann durch eignungsdiagnostische Instrumente und Assessment Center professionell ausgebaut werden. Zugleich werden die frisch beförderten Personen in ihrer neuen Rolle unterstützt. Z.B. durch Führungskräfteseminare oder individuelles Coaching; vor allemLetzteres ist ein für Kulturinstitutionen wichtiges Element, da noch immer für die Beförderung häufig Fachkenntnis entscheidend ist, nicht aber die eigentliche Führungskompetenz.

 

  • Anpassung der Arbeitsabläufe an neue Bedingungen:

Werden beispielsweise neue Techniken in die Betriebsabläufe eingeführt, muss nicht nur das entsprechende Fachwissen zur Bedienung der Anlagen/Technik vermittelt werden, sondern es können neue Organisationsabläufe und sogar neue Organisationsstrukturen notwendig werden, die wiederum eine Reflexion und etwaige Anpassung von Führungs- und Kommunikationsstilen bedürfen.

So relevant die Aufgaben auch sind, warum tun sich Kulturinstitutionen so schwer damit, Personalentwicklungsmaßnahmen zu implementieren? Und warum gibt es nach wie vor kaum Personalabteilungen in Kulturbetrieben, deren Aufgaben sich nicht nur auf rein verwaltende Tätigkeiten beschränken? Meist wird an dieser Stelle das Leitmotiv des allgemeinen Misstrauens gegenüber Managementmethoden in Kulturinstitutionen zitiert. Ja, sicherlich, nach wie vor gibt es noch Künstlerintendant*innen der alten Schule. Und nach wie vor wird die ja tatsächlich existierende Spannung zwischen künstlerischen und betriebswirtschaftlichen Entscheidungen zu einem unüberwindbaren Gegensatz ausgebaut. Aber kann dies allein der Grund sein? Aus meiner Sicht greift dies zu kurz.

Lese hier mehr über die Mythen in der Personalentwicklung für die Kultur- und Kreativwirtschaft in Teil 2 unserer Reihe.

 

 

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Jobsuche für Mütter: 3 Mal mehr Bewerbungsanschreiben https://her-arts.de/2020/03/04/jobsuche-fuer-muetter-3-mal-mehr-bewerbungsanschreiben/ https://her-arts.de/2020/03/04/jobsuche-fuer-muetter-3-mal-mehr-bewerbungsanschreiben/#respond Wed, 04 Mar 2020 21:04:03 +0000 https://her-arts.de/?p=516 Viele haben es vermutet, eine aktuelle Studie belegt es: Frauen mit Kindern werden weniger oft zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Und zwar nicht etwa nur seltener als weibliche und männliche Bewerber*innen ohne Nachwuchs, sondern auch seltener als Väter. Das Ergebnis einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) im Marketing- und Veranstaltungsbereich ergab: Mütter müssen rund ein […]

Der Beitrag Jobsuche für Mütter: 3 Mal mehr Bewerbungsanschreiben erschien zuerst auf herARTS.

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Viele haben es vermutet, eine aktuelle Studie belegt es: Frauen mit Kindern werden weniger oft zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Und zwar nicht etwa nur seltener als weibliche und männliche Bewerber*innen ohne Nachwuchs, sondern auch seltener als Väter.

Das Ergebnis einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) im Marketing- und Veranstaltungsbereich ergab: Mütter müssen rund ein Drittel mehr Bewerbungen schreiben, um zum Gespräch eingeladen zu werden. Im Rahmen der Studie hatte man mehr als 800 Bewerbungen von fiktiven Bewerber*innen auf aktuelle Stellenangebote in der Marketing- und Veranstaltungsbranche geschickt – ein Arbeitsfeld, in dem das Geschlechterverhältnis als etwa ausgeglichen gilt. Die fiktiven Mütter, in deren Bewerbung ein dreijähriges Kind angegeben war, waren deutlich im Nachteil bei der Stellenbesetzung im Vergleich zu fiktiven Bewerber*innen mit dem gleichen Lebenslauf, jedoch ohne dass Nachwuchs darin angegeben war. Väter werden hingegen ebenso häufig eingeladen wie Männer ohne Kinder.

„Damit wird das Prinzip der gleichen Jobchancen von Männern und Frauen konterkariert“, sagt Lena Hipp. Für die WZB-Wissenschaftlerin gehören private und für den Job nicht relevante Informationen wie Elternschaft, Ehestand oder Religionszugehörigkeit, die in deutschen Bewerbungen häufig angegeben werden, nicht in den Lebenslauf. Eine potentielle Lösung für diese Situation könnte ein generelles Verbot der Angabe persönlicher Lebensumstände in Bewerbungen sein.

Die WZB-Studie ist unter dem Titel „Do Hiring Practices Penalize Women and Benefit Men for Having Children? Experimental Evidence from Germany” erschienen in: European Sociological Review, 2019, S. 1–15. Die Autorin Prof. Lena Hipp Ph.D. ist Leiterin der Forschungsgruppe Arbeit und Fürsorge am WZB sowie Professorin in Sozialstrukturanalyse, insbesondere Arbeit und Organisation an der Universität Potsdam.

Bildnachweis: Prof. Lena Hipp, Leiterin der Studie am WZB
Quelle: WZB, ©David Ausserhofer

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Die Ordnung macht‘s – Wissen managen https://her-arts.de/2019/12/03/die-ordnung-machts-wissen-managen/ https://her-arts.de/2019/12/03/die-ordnung-machts-wissen-managen/#respond Tue, 03 Dec 2019 15:15:45 +0000 https://her-arts.de/?p=217 Annika Clorius-Lehmann — Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE)

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Vor welchem Hintergrund eigentlich?

Wer hat das nicht schon selbst erfahren. Ob in gemeinnützigen Organisationen, der Industrie oder in der Kulturbranche – die gesamte Arbeitswelt ist seit mehr als drei Dekaden von veränderten Arbeits- und Organisationskonzepten geprägt. In dem Zusammenhang wird oft vom sogenannten Wandel einer Industrie- zur Wissensgesellschaft gesprochen. Eine derartige Entwicklung zeigt sich in Organisationen seither in ganz unterschiedlichen Formen voranschreitender Modernisierungsprozesse.

Fast unbemerkt sind neue Technologien zum festen Bestandteil unseres Alltagslebens und unserer Arbeitswelt geworden. In der Art und Weise wie wir miteinander kommunizieren, wird das besonders deutlich. Der Einsatz digitaler (Kommunikations-) Medien ist zu gängiger Form nicht nur in der IT, sondern in nahezu allen Branchen geworden.

Webbasierte Teamsitzungen zu führen, um bspw. mit den Kolleginnen und Kollegen auf der anderen Seite des Atlantiks über die nächsten Meilensteine im Projekt zu kommunizieren, zählt zu einem der üblichen Austauschformate.

Dazu gehört eine ebenso veränderte Personalpolitik in Richtung flexiblem Vorgehen beim schnellen Einstellen oder Entlassen von Mitarbeitenden. Mittlerweile ist diese Handhabung in ganz verschiedenen Branchen verbreitet. Je nach Bedarf können Unternehmen seit der Regierungszeit Schröders entsprechend auf die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt reagieren. Für sie ist es z. B. einfacher, Mitarbeitende abhängig von der Laufzeit eines Programms befristet einzustellen oder über ihre Entlassung abhängig von der Konjunkturlage zu entscheiden. Inwieweit diese Entwicklung zu einer Art „ersten“ und „zweiten“ Beschäftigungsklasse führt, möchte ich an der Stelle nicht weiter ausführen. Jedoch findet sich eine derartige Hire and Fire-Attitüde ebenso in der Kulturbranche. Ein bedachter und sensibler Umgang mit Mitarbeitenden, Trägern von Wissen, sollte weiterhin und nachdrücklicher Gegenstand der Personalpolitik sein.

 

Umgang mit Wissen in „Kommen und Gehen“-Beschäftigungsverhältnissen

Arbeitsverhältnisse in Organisationen, die gemeinnützig tätig sind, wie Stiftungen oder im Bildungs- und Kulturbereich, sind oftmals von kurzfristigen Projektstrukturen geprägt. Hintergründe hierfür sind kurz- und mittelfristige Finanzierungsstrukturen dieser. Im Hochschul- und Forschungsbereich liegt die Förderperiode von Forschungsprojekten zumeist zwischen zwei bis drei, z. T. bei fünf Jahren. In der Kulturbranche kann der Zeitraum bei noch kürzeren Finanzierungsphasen liegen. Damit einhergehen kurzeitige, befristete Arbeitsverträge der Mitarbeitenden, die nicht immer bis zum Ende dabei bleiben; oder andersherum, im Laufe einer zeitlich begrenzten Arbeit dazu stoßen.

Gerade in unbeständigen Arbeitsverhältnissen von Mitarbeitenden, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten an einem Projekt arbeiten, unterstützt eine besonders strukturierte Dokumentation der Tätigkeiten und Arbeitsabläufe sowie des Wissens aller Beteiligten, den Erfolg eines Vorhabens.

 

Maßnahmen, um Wissen zu managen

Wissensmanagement, also das dahinter liegende Konzept, ist eine Möglichkeit, durch häufige Personalwechsel „verlorenes“ Wissen aufzufangen. Es geht vor allem darum, dass Organisationen sich mit dem Erwerb, der Entwicklung, der Übertragung, der Speicherung sowie der Nutzung von Wissen auseinandersetzen. Unterschieden wird zwischen sogenanntem ex-und implizitem Wissen. Lässt sich die Dokumentation von explizitem Wissen recht gut über z. B. Protokolle von Teamsitzungen, dokumentierte Konzeptionen von (Kultur-) Veranstaltungen oder Programmplanungen einer Ausstellung abbilden – und über Projektmanagementtools nutzen, um Abläufe, (Teil-) Aufgaben und Ziele sichtbar zu machen (z. B. Bitrix24) – wird es für den Umgang mit implizitem Wissen schwieriger.

Das implizite Wissen resultiert nämlich aus einem reflektierten Umgang mit Vorerfahrungen und der Fertigkeit, „altes Wissen“ mit neuen Informationen zu Wissen zu verarbeiten. Unterstützt werden kann das z. B. durch kontinuierlich stattfindende (in-) formelle Austauschformte mit „alten“ und „neuen“ Mitarbeitenden in einem sogenannten weekly, in denen man sich über zurückliegende, aktuelle und kommende Aufgaben informiert; oder durch den permanenten Austausch zwischen explizitem, sichtbar gewordenem und implizitem, aus Erfahrungen generiertem Wissen.

Zusammenfassend betrachtet gelingt Organisationen ein erfolgreiches Wissensmanagement, wenn ex-und implizites Wissen in der Organisation bleibt, auch wenn Mitarbeitende diese verlassen, da es über formale und informelle Maßnahmen gespeichert wird; und wenn Informationen und Abläufe transparent gemacht werden und zugänglich abgelegt werden, z. B. über Projektmanagementtools.

 

Conclusion

Aufgrund oftmals prekärer und kurzfristiger Arbeitsverhältnisse, vor allem in der Kulturbranche, kann wertvolles Wissen verloren gehen. So ist für Mitarbeitende, die im Laufe eines Projekts dazu stoßen, der Zugriff auf vorhandenes Wissen wertvoll, um sich schnell und zielführend in die Arbeit einbringen zu können. Ein sowohl standardisiertes Vorgehen zum Erhalt und der Weitergabe an Wissen als auch eine umfangreiche Dokumentation über Abläufe und Ergebnisse, unterstützt einen erfolgreichen Projektabschluss maßgeblich. Ziel eines gelingenden Projekts sollte daher eine strukturierte Übergabe beim Personalwechsel sein, um einen erfolgreichen Abschluss nicht zu gefährden.

 

Referenzen

Dehnbostel, Peter (2019): Betriebliche Lernorte, Lernräume und Selbstlernarchitekturen in der digitalisierten Arbeitswelt. In: Magazin erwachsenenbildung.at. Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs. Ausgabe 35/36, 2019. Wien. Online im Internet: http://www.erwachsenenbildung.at/magazin/19–35u36/meb19-35u36.pdf. (letzter Zugriff: 2019-07-25)

Frost, Jetta (2018): Wissensmanagement. Online im Internet:
https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/wissensmanagement-47468/version-270732 (letzter Zugriff: 2019-07-25)

Kontakt

Annika Clorius-Lehmann
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE) — Leibniz Zentrum für Lebenslanges Lernen e. V.

E‑Mail: clorius-lehmann@die-bonn.de
Webseite: www.die-bonn.de

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This is a man’s world: Warum die Musikindustrie mehr Frauen in Entscheiderpositionen braucht https://her-arts.de/2019/12/03/this-is-a-manss-world-warum-die-musikindustrie-mehr-frauen-in-entscheiderpositionen-braucht/ https://her-arts.de/2019/12/03/this-is-a-manss-world-warum-die-musikindustrie-mehr-frauen-in-entscheiderpositionen-braucht/#respond Tue, 03 Dec 2019 15:11:54 +0000 https://her-arts.de/?p=233 Lina Burghausen - Musikpromoterin, Bloggerin, Autorin und DJ

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Lina Burghausen —  Musikpromoterin, Bloggerin, Autorin und DJ

 

Die Diskussion um den zu geringen Frauenanteil auf Festival- und Konzertbühnen sowie in den Charts ist im Mainstream angekommen. Die Zeit, Deutschlandfunk, der Bayrische Rundfunk, der Stern – kaum ein großes Medium hat das Thema in den vergangenen beiden Jahren nicht aufgegriffen, und längst sind es nicht mehr (nur) weibliche Autorinnen, die eine Frauenquote für Festival-Bookings und Radiorotationen fordern.

Die Gründe für eine Quote liegen auf der Hand: Geht man davon aus, dass fast jeder Mensch Musik hört, sind ca. 50 Prozent des Publikums weiblich. Warum wirkt die Musikindustrie dann wie ein Herrenclub, in dem weibliche Gesichter auf der Bühne die Ausnahme sind? Auch das Publikum vieler Popmusikfestivals ist stark männlich geprägt, gerade in Genrenischen wie Metal, Punk oder HipHop. Nicht viel anders sieht es in den Musikmedien aus. Ob Musikzeitschrift oder Blog; die gesamte Aufmachung, die Werbepartner, aber auch die Art und Weise, wie über Musikerinnen berichtet wird, zeigen: Der Normalfall ist der männliche Musikfan, der seine männlichen Lieblingsbands und ‑künstler verfolgt. Eine ganze Industrie scheint weibliche Artists wie Hörerinnen zu vergessen. Weshalb ändert sich daran seit vielen Jahren kaum etwas?
Dafür gibt es viele Erklärungen − eine skurriler als die andere: Angeblich interessieren sich Frauen einfach nicht so sehr für das Musizieren wie ihre männlichen Kollegen, scheuen das große Rampenlicht oder strengen sich nicht genug an.

 

Häufig hört man von Bookern: Man würde ja mehr Frauen buchen, aber es gäbe einfach keine.

 

Doch ist es wirklich so? Ein Blick in die Statistiken verrät: Die Musikhochschulen werden zu 54 Prozent von jungen Frauen besucht. Eine grundsätzliche Musikaffinität sowie entsprechendes Talent lassen sich dem weiblichen Geschlecht also wohl kaum absprechen. Dazu gibt es inzwischen ganze Festivals, die überwiegend weiblich kuratiert sind und ein sehr abwechslungsreiches, genreübergreifendes Programm aufweisen. Das Frauenfestival Leipzig sei hier nur als ein Beispiel genannt. Initiativen wie Female:Pressure, das DJ-Booking-Netzwerk dieda oder die Reihe „Die Frau in der Musik“ des laut.de-Redakteurs Sven Kabelitz zeigen: Musikerinnen gibt es mehr als genug. Nur wirkt sich diese Tatsache kaum auf die Lineups großer Festivals, in den Charts und auf Preisverleihungen aus.

Bleibt also der Blick hinter die Kulissen, zu den Entscheidern in der Musikindustrie. Auch in den Studiengängen, die auf eine Arbeit in Musikwirtschaft oder ‑journalismus vorbereiten, sitzen viele Frauen. In Großbritannien sind laut einer Umfrage von UK Music sogar 59 Prozent der Berufseinsteiger im Musikbusiness weiblich. In der Berufspraxis scheint der ambitionierte weibliche Branchennachwuchs – auch in Deutschland –  dann jedoch an einer gläsernen Decke zu scheitern:

 

„Frauen kommen zwar zunehmend im Musikbusiness an. Doch die meisten davon arbeiten noch immer in Frauen-typischen Berufen: Sie machen PR, organisieren Meetings, sind Assistentinnen — sind also für Öffentlichkeitsarbeit oder das Umsetzen von Beschlüssen zuständig. Die Entscheider-Positionen besetzen immer noch mehr Männer“, heißt es in der Süddeutschen Zeitung.

 

Ein Blick in die Geschäftsführungen der 15 umsatzstärksten Musikfirmen 2018 unterstützt diese These. Kein einziges Unternehmen – weder Major- noch Independent-Label oder Vertrieb – wird in Deutschland von einer Frau geleitet. In Zahlen: Null. Und auch die Management-Teams sind, bis auf drei Ausnahmen (Sony Music, Warner Music und Groove Attack), ausschließlich männlich besetzt.

Dieser Trend setzt sich in kleineren Unternehmen ebenso fort. Nur 7,4 Prozent der beim VUT gemeldeten Unternehmen werden von Frauen geführt, 5,5 Prozent von gemischten Teams. Im Musikjournalismus beträgt der Frauenanteil ebenfalls nur 20 Prozent. Nur eine einzige Kreativbranche wird noch mehr von Männern dominiert: Die Gamesbranche. Das zeigt, dass die weibliche Perspektive einfach fehlt, wenn es darum geht, die Musikwelten von morgen zu gestalten.

 

 „Jungs rufen nun einmal Jungs an.“

 

Das ist ein offenes Geheimnis. So werden neue Stellen oder Konzertslots oft auch unterbewusst mit anderen Männern besetzt. Auf diese Weise wird die Musiklandschaft zu einer von Männern für Männer gemachten Welt, in der für junge Frauen und Mädchen so wichtige, sichtbare weibliche Vorbilder fehlen. Die braucht es sowohl hinter als auch auf der Bühne. Denn es ist nicht nur die mangelnde Repräsentanz von nicht-männlichen Personen in der Musikindustrie – vielmehr geht ein beachtliches künstlerisches Potenzial verloren, wenn Frauen nicht die Möglichkeit bekommen, an Instrument, Mikrofon oder Reglern ebenso zu brillieren wie ihre männlichen Kollegen. Dasselbe gilt für die Strukturen innerhalb der Platten- und Liveindustrie, wo die Perspektiven von Frauen die Musikproduktion und ‑vermarktung diverser, ja aufregender machen könnten.

Doch auch in den Labels, Bookingagenturen und Vertrieben fehlen weibliche Vorbilder in Führungsetagen, vor allem solche, die sich nicht im Einzelkämpfermodus durch die männerdominierte Branche bewegen und die zeigen, dass ein Job in der Musikindustrie auch mit einem Familienleben vereinbar ist – so wie es für Männer seit Jahr und Tag selbstverständlich ist. Initiativen wie Music Industry Women und diverse Mentoringprogramme leisten hier wichtige Pionierarbeit und bringen uns Frauen direkt die wohl wichtigste Lektion bei: Den Weg nach oben geht man am besten gemeinsam – durch Vernetzung und gegenseitigem Support. Dann rufen Mädels vielleicht auch irgendwann einmal Mädels an.

 

 

 

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“Karriere beschreibt für mich ein Kontinuum, nämlich dass man an seinen Aufgaben und an sich selbst stetig wächst.” https://her-arts.de/2019/05/14/dr-sylvia-volz-freiberufliche-beraterin-redakteurin-kuratorin-und-coach/ https://her-arts.de/2019/05/14/dr-sylvia-volz-freiberufliche-beraterin-redakteurin-kuratorin-und-coach/#respond Tue, 14 May 2019 10:28:02 +0000 https://her-arts.de/?p=150 Dr. Sylvia Volz - freiberufliche Beraterin, Redakteurin, Kuratorin und Coach

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Dr. Sylvia Volz — freiberufliche Beraterin, Redakteurin, Kuratorin und Coach

 

Wie war Dein Werdegang bisher?

Ich habe Kunstgeschichte und Archäologie in Heidelberg und Köln studiert, und nach meinem Magisterexamen zusätzlich ein Aufbaustudium in BWL an der FernUniversität Hagen absolviert. Erste berufliche Erfahrungen sammelte ich im Auktionshaus Christie’s und in einer Galerie für zeitgenössische Kunst, bevor ich mich einige Jahre später als Kunstberaterin und Redakteurin selbständig machte. Daneben promovierte ich im Fach Kunstgeschichte. Um mein Tätigkeitsfeld zu erweitern, habe ich 2016 eine Ausbildung zum kinesiologischen Practitioner im Bereich Energy Psychology (EDxTM™, Energy Diagnostics and Treatment Methods) sowie mehrere Fortbildungen absolviert.

 

Wie lange bist Du schon in Deiner jetzigen Position? Wie bist Du dorthin gekommen?

Seit 2009 bin ich als selbständige Kunstberaterin tätig. Dieser Schritt ergab sich aus meinem Wunsch, freier arbeiten und neue Projekte mit unterschiedlichen Akteuren interdisziplinär konzipieren und umzusetzen zu können.

 

Was beinhaltet Dein aktueller Job?

Im Wesentlichen die Beratung von Kunstsammlern bei An- und Verkäufen sowie die Chefredaktion des BMW Art Guide by Independent Collectors, des ersten globalen Führers zu privaten, öffentlich zugänglichen Sammlungen zeitgenössischer Kunst. Darüber hinaus coache ich mithilfe kinesiologischer Methoden zum Thema Potentialentfaltung.

 

Welches musikalische/künstlerische Ereignis hat Dich nachhaltig geprägt?

Das sind in der Tat viele. Insbesondere Konzerte – querbeet durch (fast) alle Stile von klassisch bis elektronisch – sind für mich eine nie versiegende Inspirationsquelle. Was die bildende Kunst betrifft, so faszinieren mich v.a. Künstler, die ihre Arbeiten mit Performance kombinieren, mit der Wahrnehmung des Betrachters spielen und in den Raum mit einbeziehen – so z.B. Donna Huanca, deren Ausstellung ich 2016 in der Zabludowicz Collection gesehen habe. Doch auch Gemälde von Altmeistern können inspirierend sein!

 

Welche war die größte (berufliche) Hürde für Dich bisher?

Der Schritt, in die Selbständigkeit zu gehen sowie meine nebenberufliche Promotion.

 

Was hättest Du gerne schon am Anfang Deiner Karriere gewusst? Was würdest Du rückblickend anders machen?

Heute würde ich schneller auf den Zug der Digitalisierung aufspringen. Gerade zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit war ich noch sehr auf den „traditionellen“ Weg eines studierten Kunsthistorikers fokussiert, während mich heute vor allem die Möglichkeiten faszinieren, die sich jenseits der Grenzen einzelner Disziplinen ergeben. Doch letztlich sind dies Erfahrungswerte, an denen man wächst. Wichtig hierbei war für mich eine regelmäßige Reflexion: Ist dies der Ort, an dem ich bleiben möchte bzw. – wenn nicht (mehr) – wohin will ich?

 

Wer waren Deine Mentoren oder Vorbilder?

Einen Mentor hatte ich nie, hätte ich aber gerne gehabt. Was meine Vorbilder betrifft, so haben sich diese im Lauf der Zeit sehr geändert: Zu Beginn waren es v.a. Persönlichkeiten, die es in der Kunstwelt weit gebracht haben (Künstler, Sammler, Galeristen etc.). Heute fasse ich den Begriff „Vorbild“ wesentlich weiter und tendiere als Bezeichnung eher zu „Inspirationsquelle“: Menschen, die weit über den Tellerrand hinausschauen, visionär über Grenzen hinaus denken und arbeiten, nachhaltige Unternehmen gründen etc.

 

Welche Tools nutzt Du, um organisiert zu bleiben?

Für die Organisation meiner Projekte verwende ich Asana. Darüber hinaus hole ich mir wertvolle Tipps & Tools bei she-preneur, einer großartigen Plattform für selbständige Frauen und Gründerinnen.

 

Wie und wo tankst Du Kraft und Energie?

Kraft tanke ich im regelmäßigen Rückzug in die Natur, Musik, Bewegung und Meditation. Darüber hinaus versuche ich, mir alle 1–2 Jahre eine Auszeit von 4–6 Wochen einzurichten, die ich im Ausland verbringe.

 

Wie siehst Du die Position der Frauen in der Branche?

Dabei denke ich insbesondere an Künstlerinnen, die es im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen – bis auf wenige Ausnahmen – immer noch sehr schwer haben, dasselbe Renommee zu erlangen. Hierfür ließen sich endlos Beispiele anführen.

 

Was war Dein erster Job? Inwiefern waren Deine früheren Jobs für Deine jetzige Position hilfreich?

Meinen beruflichen Start hatte ich beim Auktionshaus Christie’s, wo ich als stellvertretende Repräsentantin der Niederlassung Berlin tätig war. Rückblickend sehe ich, dass ich in meinen früheren Jobs überaus wertvolle Praxiserfahrung habe sammeln können, nachdem das zuvor absolvierte Studium doch sehr trocken und theorielastig ausgerichtet war. Ich durfte meinen Blick schärfen und unternehmerisches Denken lernen.

 

Welche Faktoren waren rückblickend entscheidend für Deinen Erfolg?

Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit der gesamten Bandbreite an unterschiedlichsten Charakteren, die sich in der Kunstwelt finden.

 

Wie gehst Du mit Konflikten um?

Ich versuche möglichst, einen Konflikt zu abstrahieren, ihn nicht persönlich zu nehmen, sondern dissoziiert zu betrachten. Dies schafft Raum und in dieser Distanz sieht man vieles klarer – beispielsweise die Ursache, die den Konflikt ausgelöst hat. Der Grund hierfür liegt ja oftmals viel tiefer.

 

Warum hast Du beschlossen, Dein eigenes Unternehmen zu gründen / Dich selbständig zu machen?

Hierfür gab es zwei Gründe: zum einen der Wunsch, meine Dissertation, mit der ich direkt nach dem Magisterexamen begonnen hatte, abschließen zu können; zum anderen um frei zu sein für neue Projekte, Ideen, Richtungen, Fortbildungen, jenseits der Grenzen einer Galerie o.ä.

 

Was ist Dir bei der Auswahl von neuen Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen wichtig?

Zuverlässigkeit, Mitdenken, Reflexions- und Kommunikationsfähigkeit, Teamgeist.

 

Worauf sollte Deiner Meinung nach in der Ausbildung mehr Gewicht gelegt werden?

Auf die Entwicklung und Festigung der eigenen Persönlichkeit und v.a. auf die Schärfung der eigenen Intuition. Wir alle neigen viel zu sehr zur Verkopfung.

 

Machen Frauen anders Karriere als Männer?

Frauen sind in der Regel noch immer sehr viel zurückhaltender, selbstkritischer und bremsen sich damit selbst aus.

 

Was bedeutet “Karriere” für Dich? Was willst Du erreichen?

Karriere beschreibt für mich ein Kontinuum, nämlich dass man an seinen Aufgaben und an sich selbst stetig wächst. Viel interessanter und inspirierender als ein Titel ist für mich der Charakter eines Menschen, seine Reflexionsfähigkeit, seine Kreativität und sein Umsetzungsvermögen. In diesem Sinne möchte ich weitergehen, indem ich Dinge neu verknüpfe und dadurch Mehrwert schaffe.

 

Wie triffst Du Entscheidungen?

Mehr und mehr nach meinem Bauchgefühl, auf das ich mich immer verlassen kann.

 

Sollte man versuchen, die eigene Karriere von Anfang an zu “planen”? Geht das überhaupt?

Ich denke, das ist eine sehr individuelle Entscheidung. Als ich nach dem Studium in die Berufswelt einstieg, war ich der festen Überzeugung, mein Platz wäre für immer und ewig in der Auktionswelt. Häuser wie Christie’s und Sotheby’s sind sehr große, international operierende Unternehmen, in denen man eine schier unendliche Anzahl an verschiedenen Stationen durchlaufen, und sich dabei immer weiter emporarbeiten kann. Nach einiger Zeit beschloss ich für mich jedoch, dass dies nur eine Station auf meinem Weg sein sollte, und es war an der Zeit weiterzuziehen. Ich empfinde es als großes Privileg (zugleich auch als immense Herausforderung) unserer Zeit, mit wachsender Erfahrung immer wieder von neuem zu hinterfragen, was zum aktuellen Lebens- und Wertemodell passt. Hierbei stets hilfreich: das Why nicht aus den Augen zu verlieren – Warum mache ich das?

 

Wie macht man am besten die richtigen Leute auf die eigenen Fähigkeiten aufmerksam?

Das ist eine sehr komplexe Frage, die auf verschiedenen Ebenen beantwortet werden kann. Als einen essenziellen Weg, die richtigen Leute auf die eigenen Fähigkeiten aufmerksam zu machen, empfinde ich das Netzwerken/Gespräch suchen.

 

Bist Du eher Teamarbeiter oder Einzelkämpfer?

Ich persönlich bin kein Freund des Begriffs „Einzelkämpfer“, da ich meine Arbeit nicht als „Kampf“ betrachte. Selbst im Rahmen von Soloprojekten gibt es immer Kooperationen, etwa mit Institutionen, Sammlern, Kollegen, Transporteuren o.ä. Genau das macht die Arbeit so schön und abwechslungsreich, und im Grunde ist dies zugleich die Antwort auf die Frage: Ich würde mich definitiv als Teamarbeiter bezeichnen.

 

Was macht Dir in deiner Arbeit Spaß, was eher nicht?

Ich liebe es, mit verschiedenen Leuten in Kontakt zu sein – dies war auch einer der Hauptgründe, warum es mich nach dem Studium in den Kunsthandel gezogen hatte. Fast nirgendwo ist die Dichte an unterschiedlichen Charakteren so groß wie dort. Diese Begegnungen finde ich nach wie vor faszinierend, insbesondere in der Zusammenarbeit. Kritisch finde ich die oftmals negativen Verhaltensmuster, die aus dem immer weiter steigenden Erfolgsdruck im Kunstmarkt resultieren.

 

Wie wichtig ist Networking? Betreibst Du das bewusst oder ergibt es sich eher von selbst?

Glücklicherweise ist mir die Fähigkeit zum Networken quasi in die Wiege gelegt worden, ist es doch wesentlicher Bestandteil meines Berufs.

 

Wie war es für Dich, als Du das erste Mal Chef von jemandem warst und anderen Leuten sagen konntest, was sie tun sollen?

Ich hatte großen Respekt vor der Verantwortung, die diese Position mit sich bringt, nämlich die Mitarbeiter zu fördern und individuell weiterzuentwickeln, mit ihren Stärken und Schwächen. Nicht zuletzt stellte auch das Delegieren von Aufgaben zunächst eine Herausforderung dar.

 

Welche Klischees über Frauen (und Männer) stimmen, und welche stimmen nicht?

Frauen neigen immer noch dazu, sich unter Wert zu verkaufen, während Männer oftmals ihre Fähigkeiten realistisch sehen oder sogar höher einschätzen. Darüber hinaus denke ich, ist durchaus etwas dran an dem Klischee, dass Frauen alles in allem etwas mehr multitasking-fähig sind, während Männer wiederum den „Tunnelblick“ beherrschen. Völlig überholt hingegen ist das Klischee, Frauen seien weniger belastbar.

 

Welchen Rat würdest Du Berufseinsteigern geben?

Sich nicht mit minutiös geplanten Karriereschritten unter Druck zu setzen, sondern diese viel eher als mögliche Optionen zu erachten – und einfach offen zu sein für das, was kommt.

 

Photo credit: Marcel Kloppenburg

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“Tradition ist ja nicht nur das Aushängeschild. Sie sollte innerhalb des Unternehmens gelebt werden.” https://her-arts.de/2019/05/14/ute-fesquet-vice-president-deutsche-grammophon/ https://her-arts.de/2019/05/14/ute-fesquet-vice-president-deutsche-grammophon/#respond Tue, 14 May 2019 10:27:20 +0000 https://her-arts.de/?p=148 Ute Fesquet - Vice President Deutsche Grammophon

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Ute Fesquet — ehemals Vice President, jetzt Senior Executive Producer & Management Consultant bei Deutsche Grammophon/Universal

 

 

Erzähl uns von Deinem beruflichen Werdegang…

Als sich meine Schulzeit dem Ende näherte, wusste ich eigentlich nur, was ich nicht wollte: In die Fußstapfen meiner Eltern, Großeltern und Urgroßeltern treten, die Lehrer, Kantore und Musiklehrer waren.  „Was willst du denn dann eigentlich?“, fragte ich mich. Fest stand: Ich wollte unbedingt etwas mit klassischer Musik zu tun haben. Ich komme aus einer Gegend, in der es nicht gerade ein Überangebot an klassischer Musik gab, aber ich habe alles, was es gab, aufgesogen wie ein Schwamm. Ich habe gesungen, seitdem ich denken kann, und Cello gespielt; für mich war das eine totale Mission, diese Begeisterung weiterzutragen. Ich konnte nicht verstehen, warum andere nicht ebenso fasziniert von dieser Musik sind. Zuerst hatte ich die Idee, Musikkritikerin zu werden. Das müsse doch ein toller Job sein, weil man einfach immer Konzerte besuchen kann. Außerdem schrieb ich sehr gerne, da könnte man zwei tolle Sachen miteinander verbinden. Bei einer Lokalzeitung wurde ich total ins kalte Wasser geschmissen und musste alles Mögliche machen. Eine Tageszeitungsredaktion ist ein ziemlicher Durchlauferhitzer. Du eignest dir etwas an und gibst das weiter, ohne das viel hängen bleibt, und dann bist du schon wieder beim nächsten Thema.

Dann habe ich dem Drängen meiner Eltern nachgegeben: Ich suchte mir Fächer aus, über die ich gerne mehr wissen wollte, habe Geschichte, Kunstgeschichte und Musikwissenschaft studiert und die Gelegenheit im Studium genutzt, das weiterzumachen, was ich schon gemacht habe, nämlich zu schreiben. Aber ich habe mich auch umgeguckt, welche Arbeitsbereiche sonst noch mit Musik zu tun haben, und festgestellt, dass es eine Riesen-Spielwiese ist. Ich war da natürlich als Studentin auch in Hamburg am richtigen Ort und konnte bei der Deutschen Grammophon anfangen. Dann war ich in Wien und habe bei Universal Edition wirklich noch in der Notenstecherei ein Praktikum gemacht; obwohl das alles schon Fotosatz war, hieß es noch so. Ich habe auch im Burgtheater in der Dramaturgie gearbeitet und einfach verschiedenste Möglichkeiten genutzt, meinen Horizont zu erweitern. Ich wusste ganz sicher, dass ich keine Kulturwissenschaftlerin sein will, die ihr Dasein in Bibliotheken fristet, und so habe ich schon während des Studiums die meiste Zeit nebenberuflich in Bereichen gearbeitet, die mit dem zusammenhängen, was ich heute noch tue.

Letzten Oktober hatte ich mein zwanzigjähriges Dienstjubiläum bei der Deutschen Grammophon. Das ist eine Reise mit vielen verschiedenen Stationen gewesen. Als ich neulich mit Kollegen auf mein Jubiläum angestoßen habe, wurde ich gefragt, woher das kommt, dass ich immer noch so für klassische Musik brenne. Ich hatte mein Leben lang eine starke emotionale Bindung dazu. Manchmal ist das auch ein Fluch, aber überwiegend ein Segen. Es ist heute geradezu anachronistisch, aber wiederum auch nicht untypisch, wenn man so früh wie ich in so einem Unternehmen arbeitet, wo eigentlich alles zusammenpasst – also die Werte, das Thema und mein Drang, irgendwie der Routine zu entfliehen. Wenn man es ein bisschen abstrahiert, zieht sich also ein roter Faden durch meinen Karriereweg. Ich hatte durch meine unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche – Marketing, Künstlerbeziehung, Produkt, und dann die Königsdisziplin A&R (Artists & Repertoire) – immer eine universelle Perspektive, was ich toll fand. Man sagt ja immer, Musik sei eine globale Sprache, aber es ist interessant zu sehen, dass das Produkt dann eben doch nicht so global ist, wie man manchmal denkt. Natürlich sind unsere Künstler musikalisch überall unterwegs, aber das bedeutet nicht, dass in Japan das Gleiche gefragt ist wie in den USA.
Bei der Deutschen Grammophon entdecken wir Repertoire wieder und beleuchten es neu. Die Künstler, die wir unter Vertrag haben, sehe ich als Sonderbotschafter, die da draußen unterwegs sind, und die die Begeisterung für Musik mit anderen teilen. Egal, in welcher Generation Sie sind – ob Sie mit jungen Leuten in der Ausbildung arbeiten oder ob Sie selbst ganz jung sind und sagen, ich lasse alles andere sausen, ich habe mein Instrument und meine Berufung. Ich finde, das ist ganz toll!

 

Gab es auf Deinem Karriereweg Vorbilder oder Mentor*innen?

Ja, die gab es immer: Zunächst war da der Chefredakteur der Zeitung, bei der ich als werdende Musikkritikerin ein Praktikum gemacht hatte. Er sagte „So, jetzt setzen wir uns mal hin und unterhalten uns über Journalismus.“ Er hat gesehen, dass ich Talent habe zum Schreiben und vor allem ein Gespür für Geschichten, für Persönlichkeiten, für Begegnungen. Und er war sehr direkt, manchmal auch sehr herausfordernd, gab mir aber immer das Gefühl, dass ich aufpassen muss, dass ich meine Zeit nicht verschwende, nur weil jemand etwas von mir erwartet. Auch einige ältere Kolleginnen und Kollegen haben mir Wichtiges vorgelebt.
Aber die nächste wirklich prägende Person in meinem beruflichen Leben war Sabine Max, die Leiterin des deutschen Markts, als ich bei der Deutschen Grammophon angefangen habe. Vor ihr hatte ich einen Heidenrespekt. Sie war super „tough“, wie man sich Frauen in einer sehr männlich geprägten Branche vorstellt. Auf jeden Anruf mit ihr, um Ideen für unser Repertoire zu besprechen, habe ich mich akribisch vorbereitet. Und dann wählte ich ihre Nummer, und nach einem halben Satz war mein Papier überflüssig und sie hat mir die Geschäftswelt erklärt. Sie hat mir nicht alles um die Ohren gehauen, aber mir gesagt, welche Fragen ich mir stellen muss. Das war wirklich eine Herausforderung im konstruktiven Sinne. Jedes Mal habe ich etwas mitgenommen. Später wechselte sie zum Label und war da internationale Marketingchefin. Sie stellte mir dann Künstler vor und hat mich regelrecht gecoached. Dabei war sie überhaupt nicht zimperlich. Ich war manches Mal am Boden zerstört, weil etwas nicht funktioniert hatte oder mir jemand einen Stuhl vor die Tür stellen wollte. Ich glaube, sie schätzte diese Emotionalität und das Einfühlungsvermögen an mir, aber gleichzeitig vermittelte sie mir, dass ich mir einen Schutzmantel zulegen muss, wenn ich in der Branche überleben will.

Ihr Nachfolger als Präsident, Michael (Lang), hat mich auf ganz andere Weise sehr gefördert. Als Amerikaner hatte er eine für mich neue Herangehensweise. Er sagte in einem Personalgespräch zu mir „I consider you as managing material“. Das war überraschend, denn ich bin kein Machtmensch in dem Sinne, dass ich Macht für mein persönliches Fortkommen eingesetzt hätte. Mir geht es um die Sache, ich bin ein Überzeugungstäter. Ich kann jedoch zäh, hartnäckig und sehr beharrlich sein, wenn ich von etwas überzeugt bin, und möchte gestalten. Ich habe den Willen, meine Überzeugung mit anderen zu teilen und klarzumachen, warum sie mit mir gehen müssen. Ich mache das auf meine Art, und nicht mit der Faust auf dem Tisch. An meinem Job fasziniert mich, dass es keine Wiederholung gibt und die Arbeit geprägt ist von ständiger Innovation. Das war auch persönlich immer ein Antrieb. Was kommt als Nächstes? Ich habe bei der Deutschen Grammophon angefangen als Produktmanagerin, wo tolle Produkte entstehen. Allein in meinem Bekanntenkreis hatte ich jedoch das Gefühl, dass die meisten nichts davon mitkriegen. Deshalb wollte ich doch wieder stärker an die Stelle, wo solche Sachen vermittelt und weitergetragen werden – ins Marketing. Als ich dies mit meiner Chefin Sabine Max besprach, guckte sie mich an und sagte: „Ich hasse dich – und du hast vollkommen recht, du musst gehen! Das ist genau die Schnittstelle.“ Diesen Motor, der Wunsch, etwas und natürlich auch sich selbst zu verändern, hat später dann Michael erkannt und für neue Herausforderungen gesorgt.

Im Bereich A&R ging dann wirklich alles sehr schnell, sogar ein bisschen zu schnell. Nach eineinhalb Jahren dort fragte er mich, ob ich den Bereich leiten könnte, ob mir das Spaß machen würde. Der Wechsel vom Head of International Marketing zu A&R war rein hierarchisch ja ein Schritt zurück gewesen; aber ich hatte überhaupt kein Problem, ins Glied zurückzutreten, und fand es ganz gut, die politischen Dinge in so einem Konzern außen vor lassen zu können. Auf der neuen Stelle als Executive Producer war ich nun sozusagen Unternehmerin im Unternehmen. Da ist man recht autark. Für mich war diese neue Aufgabe, schließlich die Leitung der Künstler- und Repertoirebereiche zu übernehmen, großartig, unter anderem ein Team zusammenzubauen, und nach Berlin mit einem neuen Team zu wechseln – das hat großen Spaß gemacht.

 

Wie hast Du Deine erste Position als Chefin erlebt, das Anleiten von Mitarbeiter*innen und so weiter?

Das ist ein Prozess des Hineinwachsens und Lernens. Einige Kolleginnen und Kollegen waren schon viele Jahre dabei und dachten sicher: „Ich weiß, wie das geht, und jetzt setzen die mir jemanden vor, der aus dem Marketing kommt.“ Das war nicht so einfach, und damit muss man auch umgehen können. Ich war als Journalistin, Musikwissenschaftlerin und Produktmanagerin in dem Bereich erstmal „artfremd“; so etwas macht mir großen Spaß, mir neue Zusammenhänge zu erschließen. Das ist bis heute so. Auch im A&R geht es um Begegnungen, es geht darum, Konstellationen herzustellen, die funktionieren können. Wenn ich merke, dass Leute gut miteinander können und sich gegenseitig verstärken, ist das ein großes Glücksgefühl, und diese Motivation kam mir auch als Vorgesetzte zugute. Der Teamgedanke ist mir total wichtig – ich finde es toll, wenn Leute einen unterschiedlichen Erfahrungshorizont haben, verschiedene Interessen, auch verschiedene kulturelle Hintergründe. Personalführung, Personalentwicklung – das macht mir nach wie vor Spaß.
Lediglich die Frequenz, in der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wechseln, ist auf manchen Positionen problematisch. Da muss man dann aufpassen, dass man nicht auslaugt, wenn man ständig wieder bei null anfängt und die Konstante sein muss.

 

Woran liegen diese vielen Wechsel heutzutage?

Ich glaube, es gibt verschiedene Gründe. Zum einen hat sich die Einstellung zum Berufsleben grundlegend geändert. Erst vor einigen Tagen saß ich mit Kolleginnen zusammen, die schon länger im Amt sind. Eine von ihnen erzählte, sie gehe manchmal von ihrem Büro im sechsten Stock durch die Abteilung nach unten, und um halb sieben sei da kein Mensch mehr anzutreffen. Das heißt natürlich nicht, dass die Mitarbeiter dort nicht arbeiten, aber bei uns war das eher so, dass wir um sieben überlegt haben, was wir zum Abendessen organisieren. Und von dort aus ging es dann zu irgendwelchen Konzerten und morgens waren wir zum Frühstück wieder da. Wir haben auch miteinander gelebt. Das hat sich verändert, weil man mit seinen Gerätchen heute von jedem Ort der Welt aus tätig sein kann und auch im Austausch ist. Ich will das überhaupt nicht werten, aber es stärkt nicht so sehr das Wir-Gefühl, wenn man als Einzelkämpferin der Kollegin nebenan per E‑Mail noch eine Schippe drauflegt, statt kurz den Kopf um die Ecke zu stecken und zu sagen: „Kann ich dich kurz was fragen?“
Das hat die Qualität des Arbeitens stark verändert und wahrscheinlich auch das Bedürfnis geweckt, Grenzen zu ziehen.

Zum anderen gibt es aus budgettechnischen Gründen viel öfter befristete Stellen, weil die Entwicklung nicht vorhersehbar ist. Im gesamten Medienbereich ist ja durch die Digitalisierung ein gigantischer Transformationsprozess ins Rollen gekommen, der diese Dualität mit sich bringt: Einerseits wollen und müssen wir das Neue tun, andererseits können und dürfen wir das Alte aber nicht lassen, weil das immer noch der Ast ist, auf dem wir sitzen. Das macht zum Beispiel die Arbeit eines Produktmanagers irre komplex. All diese Faktoren führen dazu, dass es zwar ein spannender Job in einem fantastischen Umfeld ist, die Leute aber irgendwie weiterziehen müssen, wenn sich nicht unmittelbar im Unternehmen etwas ergibt.
Mich beschäftigt das, denn eine etablierte Marke wie die Deutsche Grammophon – wir sind inzwischen 120 – lebt auch von den Menschen, die mit ihr verbunden sind. Und das sind nicht nur die Künstler, das sind eben auch Urgesteine unter den Kolleg*innen, die Jahrzehnte dabei sind.

 

Tradition ist ja nicht nur das Aushängeschild. Sie sollte innerhalb des Unternehmens gelebt werden.

Genau, diese beiden Pole – Tradition und Innovation. Jedoch sind die vielen Wechsel heute auch gar keine Schande. Als ich in den Beruf startete, gerade als Beamtentochter, suchte man eine Lebensstellung. Ich fand das Wort damals schon furchtbar, ich wollte keine Lebensstellung. Das klingt so nach „lebenslänglich“, als wäre man dann gefangen und dürfte nicht mehr raus. Aber auf jeden Fall wären Stellenwechsel im zweijährigen Rhythmus für den Lebenslauf nicht so toll gewesen. Heute muss man sich einen Lebenslauf natürlich sehr genau anschauen, weil vieles nur so aufgeplustert ist und eigentlich gar nichts heißt. Oft rate ich Mitarbeiter*innen, die sich weiterentwickeln möchten, aber auch zu gehen, um wiederzukommen. Intern gibt es durchaus Beispiele von Kolleginnen und Kollegen, die nach einem Ausflug wieder zurückkommen und neue Erfahrungen mitbringen. Das finde ich gar nicht so verkehrt.

 

Das Thema Work-Life-Balance ist heute viel präsenter, was ja nicht unbedingt schlecht ist. Früher war es ganz normal, aus seiner Agentur nicht vor neun wegzukommen…

Ja, das bewundere ich. Gerade wenn man die Ambition hat, die Arbeit mit einer Familie zu verbinden, geht das gar nicht anders. Ich hatte das Glück, mir durch meine Flexibilität einen gewissen Kredit zu erwerben, so lange ich noch keine Familie hatte. Deshalb kann ich den Schwerpunkt jetzt bewusst anders setzen, wenn auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Das hat viel mit dem Arbeitsumfeld zu tun. In meinem Team zum Beispiel sitzen zwei Produzentinnen, die beide 75% arbeiten. Die eine hat ein ganz kleines Kind, die andere hat zwei Schulkinder. Beide sind nicht alleinerziehend, dennoch würde es mit einer Vollzeitstelle so nicht klappen. Da kommt wieder der Teamgedanke zum Tragen.
Vor allem bei Frauen, auch bei mir selbst, beobachte ich dieses starke Pflichtbewusstsein, sowohl auf der beruflichen als auch auf der familiären Seite, und diesen großen Anspruch an sich selbst, an dem man eigentlich nur scheitern kann: Wir wollen beidem total gerecht werden – eine tolle Mama sein, die eben nicht einen 80-Wochenstunden-Job hat, und gleichzeitig super erfolgreich im Beruf. Plötzlich können banale Dinge das persönliche Scheitern bedeuten: Das Kind bringt aus der Kita irgendwelche Viren mit und Sie werden krank, und zwar so krank, wie Sie es wahrscheinlich in Ihrem ganzen Leben davor nicht waren. Sie müssen halblang machen, und keiner nimmt darauf Rücksicht. Die Arbeit wird weiterhin einfach abgeladen und Sie müssen sich damit auseinandersetzen, sonst bleiben Sachen liegen und unbeantwortet.
Eine Struktur zu schaffen und zu haben, die so etwas auffangen kann, das ist eine große Herausforderung. Ich bin mir auch nicht sicher, wie gewünscht das in der Unternehmenskultur tatsächlich ist. Ich bin ein bisschen stolz darauf, dass es in meinem Werdegang mit Sabine Max eine zentrale Frauenfigur gab. Die war natürlich eine Ausnahmeerscheinung, doch hat sie mir immer vermittelt: „Macht halt und nehmt einfach das Heft in die Hand! Zeigt, dass ihr das könnt und dass es geht und versucht nicht irgendwie, das mit den Mitteln zu tun, mit denen eure Sandkastenkollegen mit den Förmchen um sich schmeißen – macht euer Ding.“ Nicht von wegen, „wir sind benachteiligt und man lässt uns nicht.“ Das war bei allen Kolleginnen so, um die sie sich gekümmert hat, nicht nur bei mir, und das ist eine wichtige Botschaft.

Kritisch betrachtet hatte die Deutsche Grammophon in ihrer 120-jährigen Geschichte noch nie eine Präsidentin. In der obersten Position waren immer Männer. Doch sind inhaltlich relevante Positionen wie meine auch vor mir schon von kompetenten Frauen besetzt gewesen. Ich habe das Gefühl, die Dinge mitgestalten zu können, die mir wichtig sind. Ich kann dazu beitragen, dass wir glänzen und gut aussehen. Aber in so einem Konzern unternehmenspolitisch arbeiten zu wollen, ist eine Entscheidung. Ob man das will, fragt man sich im Verlauf der Karriere nicht nur einmal. Und in gewissen Momenten muss man seinen Hut auch wirklich in den Ring werfen.

 

Hattest Du Dir diese Führungsposition jemals gewünscht, oder war das nicht erstrebenswert?

Bei einem Label ist das A&R einfach der wichtigste Bereich, die Keimzelle und das Zentrum der gesamten Aktivitäten. Durch die Verbindung mit der Operating Company, also der Vertriebsgesellschaft, hat sich das etwas verändert. Wir sind heute stärker mit dem deutschen Markt als mit allen anderen verbunden, was andere Aufgaben für den Präsidenten der Deutschen Grammophon mit sich bringt, wie die Verantwortung für die Vermarktung von Veröffentlichungen der weiteren Klassiklabel sowie Jazz. Hierfür würde mir wahrscheinlich die direkte Erfahrung im kommerziellen Geschäft fehlen. Ich war ja immer Teil der Repertoire-Gesellschaft, die natürlich auch die Voraussetzungen dafür schaffen muss, dass Umsätze gemacht werden können. Jedoch wollte ich immer möglichst nah am Produkt, an der Produktion, sein, so dass es letztlich eher eine fachliche Überlegung war. Wie auch bei einem Festival müssen Sie sich entscheiden: „Möchten Sie Intendant sein oder kaufmännischer Geschäftsführer?“ Meine Entscheidung basierte weniger auf der Frage, ob ich mir das zutraue, sondern war vielmehr inhaltlicher Natur.

 

Gibt es in Deinen Augen bei Frauen entscheidende Fähigkeiten oder Eigenschaften, um im Kulturmanagement und explizit im Bereich Label voranzukommen?

Ich glaube, es ist kein Zufall, dass manche Frauen, wie auch ich, in dieser Position sind. Dieses Hartnäckige und diese Belastbarkeit, die Einstellung, dass Sachen irgendwie gemacht werden müssen, auch wenn es in dem Moment zu viel ist; das ist eine Einstellung, die erfolgreiche Frauen gemein haben, und ich könnte mir vorstellen, dass das eine wichtige Fähigkeit ist. Eine Schlüsselkompetenz ist außerdem Kommunikation. Auch aktives Mitdenken und vernetztes Denken; im Blick haben, was um einen herum passiert, um die eigene Arbeit, aber auch Trends vorausschauend einordnen zu können – solche Stärken werden klischeehaft Frauen zugeordnet. Letztlich geht es um eine gewisse Flexibilität im Denken und Handeln.

 

Gibt es etwas, das Du auf Deinem beruflichen Weg anders gemacht hättest, hättest Du Dein heutiges Wissen bereits zu Beginn Deiner Laufbahn gehabt? Und welchen Rat würdest Du heutigen Berufsanfängerinnen mit auf den Weg geben?

Über dieses Thema rede ich derzeit viel mit meiner Tochter und meinen heranwachsenden Patenkindern, drei Mädchen. Ich weiß nicht warum, aber für Frauen sind Karriere und Familie immer noch schwer unter einen Hut zu bringen. Das verändert sich gerade etwas. Meine Eltern haben immer gesagt: „Wir glauben an dich, wir investieren in dich, du sollst unabhängig werden.“ Bei meiner Mutter ging das soweit, dass sie sogar gesagt hat: „Von mir aus musst du keine Kinder in die Welt setzen, sieh zu, dass du einen tollen Beruf findest.“ In unserer Generation war es schon üblich, alles nur auf eine Karte zu setzen. Du bildest dich aus, du investierst, das tust du nicht, um einen Kinderwagen durch die Gegend zu schieben. Und wenn die Kinder mit 16 sagen „Alles klar, ich komme allein zurecht“ – was dann?

Ich würde Frauen heute ermutigen, Beruf und Familie von Anfang an gemeinsam zu denken – nicht eins nach dem anderen. Im Idealfall ist das keine Aufgabe, die man alleine bewältigen muss, sondern meistens gibt es ja auch noch einen Vater zu diesen Kindern. Dass man das mit einer größeren Selbstverständlichkeit mit in das Berufsleben hineinnimmt, und dass man sich auch das Territorium dafür erkämpft, das wünsche und rate ich jungen Frauen – es soll kein „Entweder-oder“ sein, sondern ein „Sowohl-als-auch“ sein. Speziell in Deutschland ist Universal zum Beispiel ein Arbeitgeber, der dafür steht, Möglichkeiten zu schaffen. Da gibt es Teilzeitarbeit und eine Kita. Es gibt auch Beratung und Coachings, gerade auch zur Burnout-Prävention, die praktisch kostenfrei Universal-Mitarbeiter*innen und deren Familien angeboten werden. Das ist ein ganz tolles Angebot, das auch sehr gut angenommen wird.

 

Das ist in der Kulturbranche ja ein totales Unikat.

Ja, das muss man schon sagen. Gestern Abend war ich erst in einem Konzert mit zwei jungen Kolleginnen. Um elf Uhr habe ich mich verabschiedet, weil ich heute Morgen einen französischen Austauschschüler abholen musste. Und dann haben sie gesagt: „Ute, für uns bist du so eine richtige Anchor Woman. Wir wissen nicht genau, wie du das schaffst, mit Familie und diesem Wahnsinns-Job, aber es ist eine tolle Botschaft, dass das geht, und auch, wie du das machst.“ Man sollte es einfach machen. Und ich glaube, je selbstverständlicher und selbstbewusster man damit auftritt, ohne dass man dieses „Mutter sein“ total vor sich herträgt, desto besser funktioniert es. Mir wurde eher mit Respekt und Anerkennung begegnet als mit Unverständnis. Ich habe aber auch erlebt, dass der Säugling alle zwei Stunden zum Stillen vorbeigebracht und in der Teeküche gewindelt wurde, was bei Kolleginnen und Kollegen das Klischee bestätigt, die frisch gebackene Mutter hätte nichts anderes im Kopf.
An dieser Stelle musste auch ich ab und zu mit dem ganzen Rückenwind meiner Familie sagen: „Tut mir leid, Leute, das müsst ihr ohne mich machen – ich muss da jetzt Flagge zeigen.“ Denn sonst heißt es ganz schnell, ich hätte jetzt andere Prioritäten. Wieso sollte ich andere Prioritäten haben? Das Leben als Ganzes ist eine Priorität.

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